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Wolff Heintschel von Heinegg
vermint 26 , wenngleich dies jedenfalls in den ersten beiden Kriegsjahren nicht
zwingend die vollständige Schließung der Meerengen zur Folge hatte. Vielmehr
wurde in den Bekanntmachungen der Minenwarngebiete häufig auf Lotsendienste
hingewiesen oder es wurden sichere Passagen bezeichnet 27 , so daß in diesen Fäl
len der friedlichen Schiffahrt die Durchfahrt möglich blieb. Diese Beispiele sind
jedoch angesichts des totalen Charakters dieses Krieges in den nachfolgenden
Jahren als solche nicht geeignet, die Geltung eines Verbots der vollständigen
Schließung internationaler Meerengen anzunehmen. Auch einige Beispiele aus
der Staatenpraxis der Nachkriegszeit deuten vielmehr darauf hin, daß Anlieger
staaten, die Parteien eines internationalen bewaffneten Konflikts sind, wegen der
mit der partiellen Freihaltung ihrer Meerengen verbundenen Gefahren diese auch
für die friedliche Schiffahrt schließen werden. 28
Die vollständige Schließung internationaler Meerengen, insbesondere unter Ver
wendung von Seeminen, steht indes in augenscheinlichem Widerspruch zu der
Entscheidung des IGH im Korfu-Kanal-Fall vom 9. April 1949. 29 In Anerkennung
des von Griechenland behaupteten Kriegszustands zwischen Albanien und Grie
chenland hatte der Gerichtshof Albanien zwar das Recht zugestanden, die
ment, mais de modifier le passage du Rapport qui parle de la résolution prise sur cette questi
on par le Comité d'Examen; on établirait dans le Rapport que les détroits sont restés en de
hors les délibérations de la présente Conférence et, tout en réservant expressément les décla
rations faites au sein du Comité par les Délégations des Etats-Unis d'Amerique, du Japon, de
la Russie et de la Turquie, on indiquerait la conviction de voir appliquer sur les mines dont on
pourrait se servir dans les détroits les conditions techniques adoptées par le présent Règle
ment"; abgedruckt in: Th. Niemeyer, Urkundenbuch (Fn. 23), S. 757; ferner bei J.B. Scott
(Fn. 23), S. 654. H.S. Levie, Commentary on the 1907 Hague Convention VIII, in: N. Ronzitti,
Law of Naval Warfare (Fn. 10), S. 140-148, 145 f., bemerkt dazu: "[...] there is no indication as
to what the then existing law was actually considered to be respect to such mining."
26 Dazu wie auch zur Praxis des I. Weltkriegs vgl. die Nachweise bei H.S. Leine, Mine Warfare
(Fn. 23), S. 65 ff., 77 ff.
27 So in den folgenden Bekanntmachungen der deutschen Regierung: 9. April 1940 über ein Mi
nenwarngebiet im Skagerrak zwischen Lindesnes, Lodbjerg und FlekkerÖy, Sandnäs Hage
(Oberkommando der Kriegsmarine, Urkunden zum Seekriegsrecht, 1941, Nr. 340); 3. Septem
ber 1939 betreffend die Südeinfahrt des Sundes und des Großen Belts (ebd., Nr. 345); 5. und
17. September 1939 betreffend den Großen Belt (ebd., Nr. 346 und 348); 29. April betreffend
das Kattegat (ebd., Nr. 354). Das Vereinigte Königreich hielt in der Straße von Dover (Reede
von "The Downs”) und für den Firth of Forth freie Passagen offen (vgl. die Mitteilung des däni
schen Handelsministeriums vom 3. September 1939; ebd., Nr. 361).
28 So enthält die schwedische Verordnung Nr. 366 vom 3. Juni 1966 (U.N. ST/LEG/SER.B/15,
259) in der Fassung vom 17. Juni 1982 (Ordinance concerning Intervention by Swedish De
fence Forces in the Event of Violations of Swedish Territory in Peacetime and in Neutrality;
Swedish Code of Statutes 1982:756), in der die Rechte fremder Kriegsschiffe und Militärflug
zeuge geregelt werden, eine ausdrückliche Beschränkung auf Situationen, in denen Schweden
nicht Partei eines internationalen bewaffneten Konflikts ist. Die daraus folgende Möglichkeit
der vollständigen Schließung von Meerengen während eines Konflikts unter schwedischer
Beteiligung ist nicht zwingend auf gegnerische Kriegsschiffe und Militärflugzeuge beschränkt.
29 ICJ Rep. 1949, 4 ff.