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Full text: 5: Nationale Folgerungen aus dem Inkrafttreten des UN- Seerechtsübereinkommens

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Wolfgang Birke 
Im Mittelpunkt der Vertragsstaatenkonferenz wird voraussichtlich die schon in 
der Ad-hoc-Konferenz behandelte Richterwahl stehen und hier insbesondere 
die Frage, wie viele Richterposten jeder der fünf Regionalgruppen zustehen. 
Dabei handelt es sich um die Gruppen Afrika, Asien, Osteuropa, Lateinamerika 
und Karibik sowie Westeuropa und andere, die sogenannte WEOG. Nach Art. 2 
Abs. 2 des Statuts ist bei der Zusammensetzung des Gerichtshofs nämlich eine 
Vertretung der hauptsächlichen Rechtssysteme der Welt und eine gerechte 
geographische Verteilung zu gewährleisten. 
Diese Vorschrift unterscheidet sich von Art. 9 des Statuts des Internationalen 
Gerichtshofs in Den Haag. Dort wird lediglich verlangt, daß die Richter in ihrer 
Gesamtheit einer Vertretung der großen Kulturkreise und der hauptsächlichen 
Rechtssysteme der Welt gewährleisten. Da die Wahl beim Internationalen Ge 
richtshof nach Art. 8 seines Statuts von der Generalversammlung und dem Si 
cherheitsrat unabhängig voneinander vorgenommen wird, ein Richter also in 
jedem dieser Gremien eine Mehrheit erhalten muß, kommt den fünf ständigen 
Ratsmitgliedern mit ihrem Vetorecht eine wichtige Rolle zu. Dementsprechend 
setzt sich der Internationale Gerichtshof aus sechs Richtern der WEOG, zwei 
Richtern der osteuropäischen Staatengruppe, drei afrikanischen, zwei asiati 
schen und zwei Richtern aus der Staatengruppe Lateinamerika und Karibik 
zusammen. Diese Zusammensetzung ist aus deutscher Sicht sicher zu begrü 
ßen, zumal dabei mit Professor Mosler und Dr. Fleischhauer auch Deutsche 
eine Chance hatten, gewählt zu werden. 
Andererseits ist es auch verständlich, daß die Staaten der Dritten Welt bei den 
Verhandlungen des Seerechtsübereinkommens ein Gericht anstrebten, in dem 
eine gleichmäßige geographische Verteilung sichergestellt ist. In Art. 3 des 
Statuts des Internationalen Seegerichtshofs ist dementsprechend festgelegt, 
daß jede der fünf Regionalgruppen durch mindestens drei Mitglieder vertreten 
sein muß. Damit sind 15 der 21 Richter auf die Regionalgruppen verteilt und 
die Konferenz der Vertragsstaaten wird sich über die Verteilung der übrigen 
sechs Richter einigen müssen. Möglicherweise werden die fünf ständigen Mit 
glieder des Sicherheitsrats nach dem Vorbild des Internationalen Gerichtshofs 
je einen dieser Sitze für sich beanspruchen. Die Entwicklungsländer werden 
demgegenüber darauf hinweisen, daß von den 70 Vertragsstaaten 64 zur Grup 
pe der 77 gehören. Auch wenn man davon ausgeht, daß sich dieses Zahlenver 
hältnis mit dem Beitritt weiterer Industriestaaten ändern wird, wird ein Über 
gewicht der Vertragsstaaten aus der Dritten Welt bleiben. Ausgehend von der 
Zusammensetzung der Vereinten Nationen hat das VN-Sekretariat festgestellt, 
daß 28,6 % der afrikanischen, 26,5 % der asiatischen, 18,3 % der lateinameri 
kanischen, 14,5% der westlichen und 11,4% der osteuropäischen Regional 
gruppe zuzurechnen sind. Dieses Verhältnis kann sich in der Zukunft ver 
schieben, wenn - wie es sich zum Teil anbahnt - mitteleuropäische Staaten die 
Aufnahme in die WEOG anstreben. Ausgehend von den derzeitigen Prozentsät 
zen würden von den sechs zusätzlichen Sitzen zwei auf die afrikanische, zwei 
auf die asiatische, eine auf die lateinamerikanische und eine auf die westliche 
Staatengruppe entfallen. Denkbar wäre auch ein Rotationsverfahren, zumal 
alle drei Jahre jeweils sieben der Richter ersetzt werden können.
	        
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