Noch im Jahre 1945 faßten britische Dienststellen die Aufgaben der ehemaligen
Amtsgruppe Nautik, des Marineobservatoriums in Wilhelmshaven (gegründet 1874)
und der Deutschen Seewarte (gegründet 1868 als Norddeutsche Seewarte) zu einem
„German Maritime Institute“ in Hamburg zusammen.
Am 12. Dezember 1945 genehmigte der Alliierte Oberste Kontrollrat in Berlin
die von den englischen Behörden aufgestellte Dienststelle und bestätigte sie unter
der Bezeichnung „Deutsches Hydrographisches Institut“ (DHI). Das DHI war die
einzige vierzonale Dienststelle, die es je gegeben hat. Es war damit auch zuständig
für die Hydrographie der damaligen sowjetischen Besatzungszone. Organisatorisch
war es in zwei Sektionen aufgeteilt. Die ursprünglichen Aufgaben des Hydrographi-
schen Bureaus, nämlich Seevermessung, Seekartenwerk und nautische Veröffent-
lichungen, kamen in die Sektion I, während die Aufgaben des Marineobservatoriums
und der Deutschen Seewarte, soweit sie übernommen wurden, die Sektion II bilde-
ten.
Im April 1948 wurde das Deutsche Hydrographische Institut in die Verwaltung
des Vereinigten Wirtschaftsgebietes als Sonderbehörde übernommen und dem Direk-
tor der Verwaltung für Verkehr unterstellt. Nach der Gründung der Bundesrepublik
Deutschland wurde das DHI am 01.07.1950 als Bundesoberbehörde in den Ge-
schäftsbereich des Bundesministers für Verkehr überführt, zu dem es seitdem gehört.
Wenn auch der Name Deutsches Hydrographisches Institut seit Dezember 1945
geblieben ist, so hat sich doch die innere Unterteilung mehrfach geändert. Aus den
ursprünglichen zwei Sektionen wurden 8 Abteilungen, von denen die ersten drei die
Aufgaben des ehemaligen Hydrographischen Bureaus umfaßten. Von diesen wie-
derum wurden zwei — nämlich das Seekartenwerk und die Seevermessung mit der
Nautischen Geodäsie — zu einer Abteilung zusammengefaßt, in die dann später auch
die Nautischen Veröffentlichungen eingegliedert wurden. Es sind somit heute wieder
die Aufgaben des vor 125 Jahren ins Leben gerufenen Hydrographischen Bureaus in
einer Organisationseinheit, der Abteilung N des DHI zusammengefaßt.
Der eben vorgetragene, 125 Jahre umfassende „Lebenslauf“ der amtlichen
Hydrographie könnte den Eindruck erwecken, als sei — vielleicht mit Ausnahme des
Zusammenbruches 1945 — außer einigen Umbenennungen und Umorganisationen
die Entwicklung ohne Schwierigkeiten glatt und kontinuierlich verlaufen. In Wahr-
heit gab es vielfach Hindernisse und schwierige Situationen.
Dem Bemühen, die Schiffahrt möglichst schnell mit vollständigen und zuverlässi-
gen Unterlagen zu versorgen, wurden allzuoft — damals wie auch heute — durch
Mangel an Personal und finanziellen Mitteln enge Grenzen gesetzt. Man muß sich
vor Augen führen, daß 1861 die amtliche deutsche Hydrographie beim Stande Null
begann. Sowohl die Organisation als auch das benötigte hochspezialisierte Personal
fehlten als Ausgangsbasis. Man hatte sich die Qualität der damals schon auf hohem
Stand befindlichen britischen und amerikanischen Seekartenwerke als Ziel gesetzt.
Mit nur einem Kartographen begann es. Anregung und Rat gab der Hydrograph des
Navigationsbüros in Washington, ein seit 1847 in Amerika lebender Preuße, E. R.
Knorr. Knorr bekam 1868 als Anerkennung für seine Unterstützung der deutschen
Hydrographie vom preußischen König ein kunstvolles Service aus der Königlichen
Porzellanmanufaktur in Berlin übersandt. Eine weitere Auszeichnung wurde ihm
1880 zuteil.
Im Jahre 1868 erschienen die ersten Karten des Hydrographischen Bureaus,
zwei Spezialkarten der Eider, denen 1869 zwei Karten der schleswig-holsteinischen
Westküste folgten. Zusammen mit diesen beiden Karten erschien auch das Seehand-
buch „Der Norddeutsche Lotse . . .“, das allerdings noch als Privatdruck seines
Verfassers herausgegeben wurde. 1873 erschien das „Verzeichnis der Leuchtfeuer
aller Meere“ in drei Büchern. Die ersten geschlossenen amtlichen Seehandbücher für
die Nordsee und die Ostsee entstanden ab 1878.