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Wolff Heintschel von Heinegg
stitute sehen, die einer jeglichen militärischen Nutzung entgegenstehen sollen 188 ,
verstehen die anderen sie als bloß deklaratorisch für das bereits in Art. 2 Zf. 4
UN-Charta niedergelegte Gewalt-/Aggressionsverbot. 189 Nun hat sich die erstge
nannte Auffassung aufgrund des Widerstands insbesondere seitens der USA 190
nicht durchzusetzen vermocht, so daß bestenfalls von einer ungeklärten Rechts
lage ausgegangen werden kann. Die damit verbundenen Unsicherheiten vermögen
sich indes allenfalls in Friedenszeiten auszuwirken, besteht doch Einigkeit dar
über, daß das SRÜ 1982 - auch im Falle universeller Zustimmung (!) - insoweit
dem Friedensvölkerrecht zuzuordnen und grundsätzlich nicht geeignet ist, das
Verhalten der Parteien eines bewaffneten Konflikts zur See zu bestimmen. 191 Der
Anwendungsbereich der Klauseln über die friedliche Nutzung ist daher auch bei
einer extensiven Auslegung auf die Zeit vor Ausbruch eines internationalen be
waffneten Konflikts beschränkt. 192 Dem steht nicht entgegen, daß vorstehend die
Vorschriften des SRÜ 1982 im Rahmen der Bestimmung des Seekriegsgebiets
mehrfach in Bezug genommen worden sind. Soweit den Bestimmungen des SRÜ
1982 bislang eine unmittelbare Bedeutung für das Seekriegsrecht beigemessen
worden ist, lag dies in dem besonderen Charakter der in Bezug genommenen Vor-
188 Verwiesen sei allein auf die Erklärung Brasiliens anläßlich der Unterzeichnung des SRÜ 1982;
Law of the Sea Bulletin No. 5 (July 1985), S. 55. Eine gleichlautende Erklärung wurde anläß
lich der Ratifikation des SRÜ 1982 abgegeben; Law of the Sea Bulletin No. 12 (December
1988), S. 8. Zur Position der lateinamerikanischen Staaten vgl. die Beiträge in: F. Orrego-
Vicuna (ed.), The Exclusive Economic Zone - A Latin American Perspective, 1984; ferner St.A.
Rose, Naval Law Review XXXIX (1990), 67-92, 74 f.
189 Dazu, zur Entstehungsgeschichte der Klauseln sowie zur Bewertung der unterschiedlichen
Positionen vgl. E. Rauch, GYIL 28 (1985), 238 ff.; F. Francioni, Cornell I.L.J. 18 (1985), 203 ff.;
ders., Use of Force (Fn. 142), S. 373 ff.; A.V. Lowe, Marine Policy 10 (1986), 171-184; B.H.
Oxman, Virginia J.I.L. 1984, 809-863; R. Wolfrum, Restricting the Use of the Sea to Peaceful
Purposes: Demilitarization in Being?, GYIL 24 (1981), 200-241; B.-O. Bryde, Implikationen
(Fn. 99), S. 151-190.
190 Im Verlaufe der vierten Session der III. Seerechtskonferenz erklärten die USA: "The term 'pe
aceful purposes' does not, of course, preclude military activities generally. The United States
has consistently held that the conduct of military activities for peaceful purposes is in full ac
cord with the Charter of the United Nations and with the principles of international law. Any
specific limitation on military activities would require the negotiation of a detailed arms con
trol agreement. The Conference is not charged with such a purpose and is not prepared for
such negotiation. Any attempt to turn the Conference's attention to such a complex task could
quickly bring to an end current efforts to negotiate a law of the sea Convention" (UNCLOS III,
Off. Rec. V, 62).
Zuvor hatte der Delegierte Ecuadors erklärt: "It has already been recognized in many interna
tional bodies and agreements that the use of the ocean space for exclusively peaceful purposes
must mean complete demilitarization and the exclusion from it of all military activities" (ebd.,
56).
191 Wenngleich nicht übersehen werden darf, daß das Seerecht die Bewegungsfreiheit und Mög
lichkeiten der Seestreitkräfte vor Ausbruch eines internationalen bewaffneten Konflikts, also
insbesondere in Krisenzeiten, erheblich einschränkt.
192 So statt vieler auch E. Rauch, GYIL 28 (1985), 233.