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Wolff Heintschel von Heinegg
wie "Bauten, Abschußrampen oder sonstige eigens für die Lagerung, Erprobung
oder Verwendung derartiger Waffen vorgesehene Einrichtungen auf dem Meeres
boden und im Meeresuntergrund einzubauen oder anzubringen." Darüber hinaus
ist es den Mitgliedstaaten von Protokoll II des Vetrags von Tlatelolco untersagt,
innerhalb des von Art. 4 des Hauptvertrags bezeichneten Seegebiets gegen die
Vertragsparteien Kernwaffen einzusetzen. 197
Im übrigen darf nicht außer acht gelassen werden, daß nicht am Konflikt beteilig
te Staaten wie auch die Staatengemeinschaft hinsichtlich des Meeresbodens und
-Untergrundes der Hohen See (das sog. Gebiet) 198 in Zukunft bestimmte Nut-
zungs-, Forschungs- sowie Ausbeutungsechte genießen werden. 199 Wenngleich
diese Rechte die darüber befindliche Wassersäule und den Luftraum unberührt
lassen, bedeutet dies nicht, die Parteien eines maritimen bewaffneten Konflikts
brauchten ihnen keinerlei Beachtung zu schenken, sobald die das Gebiet betref
fenden Vorschriften des SRÜ 1982 allgemein anerkannt sind. 200 Zwar trifft es zu,
daß aufgrund der Rechte anderer im und am Gebiet die Konfliktparteien keinen
spezifischen Verboten unterliegen würden. Sie werden aber die notwendigen Vor
kehrungen zu treffen haben, daß die Ausübung dieser Rechte so wenig wie mög
lich beeinträchtigt wird. 201 Dies ist die Folge aus der Erkenntnis, daß das See
kriegsrecht insbesondere gegenüber Unbeteiligten grundsätzlich keine neuen
Rechte zu begründen vermag.
Ob aus diesen Erwägungen auch auf ein Verbot der Verschmutzung der Hohen
See durch die Konfliktparteien geschlossen werden kann, ist demgegenüber zwei
felhaft. Zwar läßt sich argumentieren, durch einen bewaffneten Konflikt blieben
die vertraglichen Rechtsbeziehungen zwischen den Konfliktparteien und neutralen
Staaten unberührt, so daß diese berechtigt wären, von jenen gemäß Art. 192 SRÜ
1982 den Schutz der Meeresumwelt vor Verschmutzungen zu fordern. 202 Indes
197 Dazu wie auch zu den sonstigen Bestrebungen, Teile der Hohen See von Kernwaffen freizuhal
ten, vgl. die Nachweise bei E. Beckert/G. Breuer (Fn. 13), Rdn. 1551 ff.
198 Selbstverständlich gehören zu den Rechten der nicht am Konflikt beteiligten Staaten auf der
Hohen See auch die Schiffahrts- und Überflugfreiheit. Insoweit hält aber bereits das See
kriegsrecht detaillierte Regelungen vor, nach Maßgabe derer die Konfliktparteien diese Freihei
ten einzuschränken berechtigt sind.
199 Vgl. dazu Teil XI des SRÜ 1982 betreffend das Gebiet; ferner Art. 87 SRÜ 1982. Die das Gebiet
betreffenden Vorschriften sind noch nicht allgemein anerkannt, so daß sie z.Z. noch nicht ge
eignet sind, den Parteien eines internationalen bewaffneten Konflikts zur See Beschränkungen
aufzuerlegen. Dazu H.B. Robertson Jr., The "New" Law of the Sea (Fn. 22), S. 35 f.
200 So aber E. Rauch, Protocol Additional (Fn. 13), S. 54; H.B. Robertson Jr., The "New" Law of the
Sea (Fn. 22), S. 36.
201 So auch A.V. Lowe, Marine Policy 12 (1988), 294 f., 296.
202 So M. Bothe, The Protection of the Environment in Times of Armed Conflict. Legal Rules, Un
certainty, Deficiencies and Possible Developments (bislang unveröffentlichter Beitrag zur
Conference of Experts on the Use of the Environment as a Tool of Conventional Warfare, Ot
tawa, 9.-12. Juli 1991),