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Strafverfolgung im nationalen und internationalen Rahmen
STRAFVERFOLGUNG IM NATIONALEN & INTERNATIONALEN RAHMEN
-MÖGLICHKEITEN & GRENZEN DER STRAFVERFOLGUNGSBEHÖRDEN
Dr. Ewald Brandt
Leiter der Staatsanwaltschaft Hamburg
ewald.brandt@sta.justlz.hamburg.de
Zusammenfassung:
Der Beitrag gibt einen Überblick über die deutsche Praxis der Verfolgung von Meeresverschmutzungen In
Nord- und Ostsee. Dabei richtet der Autor sein besonderes Augenmerk auf die tatsächlichen und recht
lichen Hindernisse bei der Ermittlung und Ahndung von Gewässerverunreinigungen und zeigt auch auf,
welche Verfolgungsmöglichkelten Im Vorfeld dieser Delikte bestehen. Abschließend geht er auf die bereits
gut funktionierende, aber weiter ausbaufähige länderübergrelfende Zusammenarbeit Im Nord- und Ostsee
raum ein.
I. Einleitung
Strafrecht Ist nicht der Königsweg zur Bekämpfung sozialschädlicher Verhaltensweisen; vorrangig sind
stets präventive Strategien. 1 Nichts anderes gilt selbstverständlich auch für den Bereich der Gewässerver
unreinigungen. Diesen In Häfen, auf Schifffahrtsstraßen und auf Meeren wirksam vorzubeugen, wird u. a.
dadurch erreicht, dass In Häfen leicht zugängliche, zügige und kostengünstige Entsorgungsmöglichkelten
bereitgestellt und Vorsorgemaßnahmen auf den Schiffen selbst getroffen werden sowie deren Kontrolle
durch den Flaggenstaat sichergestellt wird. Unverzichtbar sind zudem effiziente, d.h. abgestimmte Über
wachungsnetze In den Häfen und auf See, und zwar satellitengestützt und verzahnt mit Flugzeugen der
Luftüberwachung sowie Booten der Küstenwache. 2 Am Ende dieser Kette von Maßnahmen zum Schutz von
Gewässern, mithin auch der Nahrungskette, sind die repressiven Instrumente des Strafrechts als
ultima ratio 3 unverzichtbar.
Strafrechtliche Ermittlungen setzen Insofern dann ein, wenn Verantwortliche eines Schiffes die Möglichkeiten
zur umweltgerechten Entsorgung nicht genutzt haben und eine solche stattdessen Illegal beispielsweise
auf See vornehmen. Geschieht die Verunreinigung unbefugt sowie fahrlässig oder vorsätzlich, liegt nach
deutschem Recht der Straftatbestand der Gewässerverunreinigung gemäß § 324 des Strafgesetzbuches
(StGB) vor, der Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren nach sich ziehen kann.
II. Strafverfolgungspraxis
Nicht jede Gewässerverunreinigung führt zu angemessener Bestrafung. Bis zur erfolgreichen Sanktionie
rung sind mehrere Klippen zu nehmen. Darauf soll nachfolgend näher eingegangen werden.
1 Näher Weigend in: Leipziger Kommentar, StGB, 12. Auflage, 2007, Einleitung, Rz. 1 ff m.w.N.; Stree/Kinzig in: Schönke/Schröder,
StGB, Kommentar, 28. Auflage, 2010, Vorbemerkungen zu §§ 38 ff, Rz. 1 ff m.w.N.
2 Dazu näher in diesem Band: Baschek, Vernetzung und Ausblick - Ein kombiniertes System zur Ölüberwachung, S. 83 ff
3 Weigend(Fn. 1), a.a.O.