Die Küste, 76 (2009), 193-198
194
2.5 BSH-MOS (Model Output Statistics) 197
2.6 Wasserstandsdatenfernübertragung (WDFÜ) 198
2.7 Automatische Scheitelwerterkennung und Windstauermittlung 198
2.8 Empirisch-statistische Verfahren 199
2.9 Synoptik, Modellinterpretation 199
2.10 Mensch-Maschine-Mix (MMM), Windstauvorhersage 200
2.11 Wasserstandsvorhersage, Sturmflutwarnung 201
3. Weitere Möglichkeiten und Ausblick 201
4. Danksagung 202
5. Schriftenverzeichnis 202
1. Einleitung
Eine die ganze deutsche Nordseeküste und die Gezeitenflüsse abdeckende, regelmäßige
Wasserstandsvorhersage für die Öffentlichkeit gibt das Bundesamt für Seeschifffahrt und
Hydrographie (BSH) bzw. seine Vorgängerorganisationen seit mehr als 80 Jahren heraus
(Tomczak, 1954; Müller-Navarra, 2009a). Hinzu treten bei Bedarf Sturmflutwarnungen.
Diese Aufgaben sind dem BSH durch das Seeaufgabengesetz zugeschrieben (Anonymus,
2002/2006), wobei eine sowohl inhaltlich als auch räumlich enge Zusammenarbeit mit dem
Deutschen Wetterdienst (DWD/Seewetteramt) in Hamburg praktiziert wird.
Die im Laufe der Jahre zur Wasserstandsvorhersage verwendeten Verfahren sind in
der Literatur hinlänglich beschrieben worden (Tomczak, 1960; Annutsch, 1976; Müller-
Navarra und Giese, 1999; Müller-Navarra et ah, 2003). Da der astronomisch erklärbare
Anteil an den Wasserstandsschwankungen - die Gezeiten - schon längere Zeit recht genau
vorauszuberechnen ist, behandeln die genannten Zitate vornehmlich den Windstauanteil.
Unter Windstau wird hier die Differenz zwischen Scheitelwasserstand und astronomisch
vorausberechneter Hoch- bzw. Niedrigwasserhöhe verstanden. Dabei können die Eintritts
zeit des Scheitelwasserstandes und die astronomische Eintrittszeit zeitlich gegeneinander
verschoben sein. Für Zwecke der Windstauvorhersage wurden bis Mitte der 1990er Jahre
vornehmlich empirische Verfahren eingesetzt, bei denen aus Windvorhersagen (Stärke und
Richtung) für die Deutschen Bucht der örtliche Windstau aus Tabellen entnommen und dem
astronomisch vorausberechneten Gezeitenwasserstand (Anonymus, 2009) hinzuaddiert
wurde, um so den Gesamtwasserstand vorherzusagen.
Seit Anfang der 1980er Jahre werden beim BSH numerische Windstaumodelle operati
oneil gerechnet (Soetje und Brockmann, 1983), die von Wettermodellen des Deutschen
Wetterdienstes angetrieben werden. Seit etwa 1995 ist deren Vorhersagegenauigkeit den bis
dato benutzten rein empirischen Verfahren überlegen. Das gilt aber nicht in jedem Falle und
ganz sicher nicht für jede schwere Sturmflut (Müller-Navarra, 2008).
Dargestellt werden im Folgenden bewährte und neuere Verfahren zur Windstauermitt
lung, wobei hier deren automatische Verknüpfung im Vordergrund steht.
2. Verfahren und Informationsflüsse
In den letzten 15 Jahren haben sich die Möglichkeiten der Wasserstandsvorhersage radi
kal erweitert. Es stehen nicht nur erheblich mehr Wasserstandsdaten von vielen Gezeitenpe
geln über die Wasserstandsdatenfernübertragung (WDFÜ) bereit, sondern auch Ergebnisse
aus unterschiedlichen numerischen Modellketten mit hoher räumlicher und zeitlicher Auf
lösung. Damit ist eine rein manuelle Bearbeitung der riesigen Datenmengen nicht mehr mög-