Die Küste, 75 MUSTOK (2009), 71-130
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Abb. 19b: Scheitelwasserstände bei verschiedenen Anfangszuständen, unten die Scheitelwasserstände
während der letzten drei Tage des „Leerlauf“-Experiments
Die Experimente dieses Kapitels haben gezeigt, dass
- in der Rekonstruktion des Sturmhochwassers von 1872 die Ostsee nicht extrem ange
füllt war,
- die Unterschiede in den Scheitelwasserständen ohne Berücksichtigung langer Vorlauf
zeiten klein sind,
- größere Unterschiede zwischen den extremen Experimenten in Flensburg auf Phasen
unterschiede im Gezeitenzustand der Anfangsverteilung begründet sind und
- selbst die Unterschiede zwischen den Scheitelwasserständen der extremen Experi
mente deutlich unter denen der verschiedenen Iterationen bei der Rekonstruktion
liegen (Rosenhagen u. Bork, 2009).
4.2 Einfluss des vorhergehenden Sturms vom 12.11.1872
auf die Auswirkung des Orkans vom 13.11.1872
Nach Enderle (1989) dauert es bei Wind aus Nord und aus Ost über verschiedenen
Gebieten der Ostsee 18 Stunden bis zum Erreichen des Scheitelwasserstandes in Flensburg
inklusive der Zeit, die zwischen Aufkommen des Windes und erster Wasserstandsänderung
in Flensburg vergeht. Für Stürme über der westlichen Ostsee verschwindet die Verzögerung,
für Sturm über der mittleren Ostsee beträgt sie etwa sieben Stunden. Für Orte in der Meck
lenburger Bucht hat Miehlke (1990) die Zeit berechnet, die eine lange Welle auf dem opti
malen Weg (größte Tiefe) nach einem Sturm über der zentralen Ostsee braucht, um zum
lokalen Stau beizutragen. Die Zeiten liegen je nach Startort zwischen drei und acht Stunden.
Diese Abschätzungen bestätigen eine Aussage von Baensch (1875), derzufolge 1872 der
Wasserstand am Ende des Sturms vom 12.11. einen stationären Zustand in der westlichen
Ostsee erreicht hatte.