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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums — 61. Band Nr. 8
Diesen elliptischen Tiden entspricht bei der nonharmonischen Untersuchung und Berechnung der Gezeiten
die sog. parallaktische Ungleichheit, die zu den wahren Werten der Entfernung oder der Parallaxe des Mon
des in Beziehung gesetzt wird. Die parallaktische Ungleichheit der Sonnengezeit ist wegen der kleinen Exzen
trizität der Erdbahn nur gering und kann außerdem von der weiter unten erwähnten Deklinationsungleich
heit durch Beobachtungen nicht getrennt werden, weil das anomalistische und das tropische Jahr sich in ihrer
Länge nur sehr wenig voneinander unterscheiden. Beide Ungleichheiten werden daher im Falle der Sonne zu
einer einzigen vom Datum abhängigen zusammengefaßt.
Weiter sind die Evektion mit dem Argument (s— 2h + p^) und die Variation mit dem Argument
2(s — h) zu betrachten. Die Evektion liefert zwei halbtägige Mondtiden A* und vt mit den Winkelgesch win-
^ 2(y —o) + (ff — 2^ + W(j) = 2y — a — 2 j? -h co ,j und
2(y—c) — (ff — = 2y — 3 a + 2-q —
sowie eine langperiodische monatliche Evektionstide mit der Winkelgeschwindigkeit (er— 2 >j -f w^). für
die eine besondere Bezeichnung nicht eingeführt ist. Die Variation liefert eine langperiodisdie halbmonat
liche Tide MSf mit der Winkelgeschwindigkeit {2 a 2 i t ) sowie zwei halbtägige Mondtiden mit den Winkel
geschwindigkeiten 2 (y - er) + 2 (a - n ) = 2 y - 2 n und
2(y — er) — 2 (er — t]) = 2j'"4cr+2^,
von denen die erste mit der Winkelgeschwindigkeit der Su-Tide und die zweite mit der Winkelgeschwindig
keit der Scichtwassertide 2 MS2 übereinstimmt. Diese zweite Tide wird als Stammtide fit genannt.
Dadurch, daß die Sonne und der Mond sich nicht im Äquator bewegen, sondern in dazu geneigten
Bahnen, entsteht eine Anzahl langperiodischer, eintägiger und halbtägiger Tiden, deren Deutung z. T. etwas
schwieriger ist. Wird in Abb. 2 das gezeitenerzeugende Gestirn aus dem Äquator verschoben und ihm z. B.
eine nördliche Deklination erteilt, was durch den gestrichelten Pfeil in Abb. 2 angedeutet sei, so sind folgende
Auswirkungen an irgendeinem bestimmten Ort außerhalb des Äquators ohne weiteres einzusehen: erstens ent
steht eine Veränderung der konstanten Tide, zweitens eine tägliche Ungleichheit der halbtägigen Haupttide, da
die Größtwerte beim Durchgang des Gestirns durch den oberen und durch den unteren Meridian nicht mehr
gleich sind, und drittens auch eine Amplitudenveränderung der halbtägigen Haupttide, da auch das Mittel der
Größtwerte beim oberen und unteren Meridiandurchgang nicht mehr mit dem bisherigen Größtwert überein
stimmt. Würden sich der Mond und die Sonne mit ihren Bahngeschwindigkeiten er und q mit gleichbleibendem
Abstand vom Äquator auf einem Deklinationskreis bewegen, so würden die täglichen Ungleichheiten durch
eine eintägige Mondtide mit der Periode eines mittleren Mondtages oder der Winkelgeschwindigkeit (y—ff) und
durch eine eintägige Sonnentide mit der Periode eines mittleren Sonnentages oder der Winkelgeschwindigkeit
(y — rj) darzustellen sein. Die Änderungen der konstanten Tiden und der halbtägigen Tiden würden zudem
konstant sein.
Tatsächlich ändert sich jedoch die Deklination des Mondes und der Sonne ständig durch positive und
negative Werte während eines Umlaufs von Widderpunkt zu Widderpunkt, also mit der Periode eines
tropischen Monats und eines tropischen Jahres. Die Änderungen der konstanten Tiden sind unabhängig von
dem Vorzeichen der Deklination. Es entstehen also zwei langperiodische Tiden mit Perioden, die halb so groß
sind wie die eben genannten, nämlich die halbmonatliche Mondtide Mf mit der Winkelgeschwindigkeit 2ff
und die halbjährliche Sonnentide Ssa mit der Winkelgeschwindigkeit 2rj. Die Tide Ssa hat ebenso wie die
jährliche Sonnentide Sa hauptsächlich meteorologische Ursachen. Ebenfalls unabhängig vom Vorzeichen der
Deklination sind die Änderungen der halbtägigen Tiden M* und S2, die durch zwei Tiden mit den Winkel
geschwindigkeiten 2(/ - er) + 2 ff = 2 y und
2 (y — tj) + 2ij — 2y
dargestellt werden. Diese beiden Tiden haben also die gleiche Periode, nämlich einen halben Sterntag, können
infolgedessen durch Beobachtungen nicht getrennt werden und werden deshalb mit der gleichen Abkürzung Ks
bezeichnet. Ihnen entspricht die Deklinationsungleichheit bei nonharmonischer Bearbeitung; die Deklinations
ungleichheit läßt sich allerdings, wie bereits bemerkt, nur im Falle des Mondes von der parallaktischen Un
gleichheit trennen, und auch hier genau nur aus Beobachtungen über etwa 19 Jahre.
Die tägliche Ungleichheit dagegen hängt vom Vorzeichen der Deklination ab, denn bei positiver Dekli
nation ist z. B. an einem Ort mit nördlicher geographischer Breite der zur oberen Kulmination gehörige Größt-