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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums. — 61. Band. Nr. 2.
Seebereich konsequent und mit modernen Mitteln durchzuführen. Erleichtert wurde der Ent
schluß durch die Existenz der im Binnenlande bereits erprobten Fernpegelgeräte, die es er
möglichen, die Wasserstandsregistrierung an Land vorzunehmen; weiter unten wird im ein
zelnen auf die Fernpegel eingegangen werden (siehe auch Sachverzeichnis). Schwierigkeiten
in der Wartung des etwa 200 m von der Küste entfernt aufgestellten „Pegelbrunnens“, der ja
nur den „Geber“ der Fernpegelanlage enthalten sollte, waren nicht zu befürchten, da alle
regelmäßig vorzunehmenden Handgriffe, wie Registrierpapierwedhsel, Uhraufzug, Nachfüllen
der Schreibfedertinte usw., an Land vorgenommen werden können.
Die Seepegel Cranz und Kahlberg stellen somit einen neuen Versuch dar, und beim Bau
der ersten Kriegsmarinepegel wurde auf die im Osten gemachte Erfahrung zurückgegriffen.
Dies ist bei der Zusammenarbeit, die sich zwischen den Wasserstrafienämtern und der Deut
schen Seewarte herausgebildet hat, nur zu natürlich; umgekehrt wurden diese Anlagen später
mit den Geräten, die von der Seewarte erprobt worden waren, von dieser ausgerüstet und so
vereinbarungsgemäß in das Kriegsmarinenetz ein bezogen. Es soll deshalb auch in dieser Arbeit
etwas ausführlicher auf die ostpreußischen Konstruktionen eingegangen werden.
Beschreibung der Seepegel Cranz und Kahlberg.
Der Seepegel Cranz wurde als erster errichtet und von Regierungsbaurat M u s m a n n ,
Wasserstraßenamt Labiau, konstruiert. Er wurde berechnet als ein einseitig eingespannter
Träger, der einem Druck von 26 t standhalten sollte. Ein Jahr später wurde der Seepegel
Kahlberg in gleicher Konstruktion von Regierungsbaurat Karth f- Wasserstraßenamt Elbing,
gebaut. Es soll hier eine Beschreibung des Kahlberger Pegelbrunnens gegeben werden, der in
Abb. 2, Anhangtafel 1, in Auf- und Grundriß dargestellt ist®).
Rein äußerlich besteht der Pegelbrunnen aus einem in acht Schüssen zusammengesetzten
Eisenrohr von L3Om0 bei 12 mm Wandstärke. Die einzelnen Schüsse haben eine Länge von
2 m und der Pegelbrunnen eine Gesamtlänge von 18 m, da das unterste Rohrteil 4 m lang ist.
Die Rohre wurden durch Belastung Schritt für Schritt abgesenkt, wobei laufend der Boden im
Inneren der Ringe ausgeschadhtet wurde; späterhin sind die untersten 12 m mit Beton 1 : 5 aus
gefüllt worden. Zur Erhöhung der Stabilität sind außerdem folgende Versteifungen angebracht
worden: 24 T-14-Träger wurden innerhalb des Eisenrohres kranzförmig angeordnet, und zwar
von 2.80 m unter Mittelwasser bis 10.80 m unter Mittelwasser. Von 70 cm über Mittelwasser bis
5 m unter Mittelwasser wurde eine Spiralbewehrung, bestehend aus 24 Drähten zu 7 mm 0 mit
20 cm Abstand, gezogen. Weiterhin wurde durch ein inneres Eisenrohr von 4 mm Wandstärke
in zwei Schüssen und einer Gesamtlänge von 5.80 m der obere Teil des Seepegels verstärkt.
Dieses Innenrohr hat einen Durchmesser von 1 m, und zwischen beiden Rohren, dem Innen-
und dem Außenrohr, wurde Beton 1 : 3 gegossen. Audi innerhalb des Innenrohres wurde eine
40 cm hohe Sohlenauflage von Beton 1 :3 geschüttet.
Während die Errichtung des Pegelbrunnens in Kahlberg glatt vonstatten ging, ergaben
sidi in Cranz, im wesentlichen wegen verschiedener Schlechtwetterperioden, größere Schwierig
keiten. Beide Brunnen haben bis jetzt der Brandung standgehalten, und da sie die gewaltige
Belastungsprobe im Eiswinter 1939/40 überstanden haben, kann ihre Konstruktion als minde
stens hinreichend stabil angesehen werden.
Die Fluteintrittsöffnung wurde 2 m über Grund angebracht und durch ein Kegelventil ver
schließbar wie auch verschieden stark abdämpfbar gestaltet. Die Erfahrung hat gezeigt, daß
die Öffnung zu hodi angebracht worden ist, denn schon zu Zeiten geringer Vereisung dringt in
folge des Wärmeleitvermögens der Frost am Eisenmantel des Brunnens in die Tiefe, und die
2 ) Die Abb. 2, Tafel 1, ist kein mathematisch exakter Grund- und Aufriß. Vielmehr wurde gelegentlich bewußt
von den Grundsätzen der Darstellenden Geometrie abgewicben, um Einzelheiten, die sonst nicht hinreichend deutlich
werden konnten, doch noch zur Anschauung zu bringen. Man vergleiche gegebenenfalls alle vier Konstruktionen
(Kahlberg, Bülk, Arkona und Groß-Möllen (Abb. 1 Seite 12]), da, um Überlagerungen zu vermeiden, auf jeder
Zeichnung eine andere Einzelheit besonders deutlich hervorgehoben worden ist.