Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 44. Bd. Heft 3.
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und die Zunahme der Nebelhäufigkeit mit Annäherung an das Bergland infolge des erzwungenen
Aufsteigern von Kaltluftmassen sich allgemein feststellen läßt, hat das Anwachsen der mittleren
Anzahl von Nebeltagen von Taiga bis Mariinsk reale Bedeutung.
6. Das Angara-Tal, dessen Station Irkutsk mit 56 Nebeltagen im Jahre fast die Nebelhäufigkeit nord
westdeutscher Flußmündungen erreicht (Bremen 58, Hamburg 66 Tage nach Hellmann). Der hohe
Jahresdurchschnitt im Angara-Tal ist als örtliche Erscheinung zu werten, die im wesentlichen auf
starke Temperaturunterschiede zwischen dem aus dem wärmespeichernden Baikal strömenden
Angarawasser und der extremen Temperaturschwankungen ausgesetzten breiten Tallandschaft zu
rückzuführen ist.
7. Der südliche Baikal und das anschließende Transbaikalien. Die Uferstationen am Baikalsee List-
wenitschnoe, Charauz, Myssowaja haben recht übereinstimmend 19 bis 22 mittlere Nebeltage, wäh
rend Goloustnoe nur 11 Nebeltage im Mittel aufweist. Als Mittel von 18 am Ufer des Baikal zer
streuten Stationen am Baikalsee gibt Johannsen 1 *) auch nur 15 Nebeltage an. Für die größere
Nebelhäufigkeit des südlichen Teils des Sees sind die vorherrschenden nordwestlichen Winde
verantwortlich zu machen. Johannsen erwähnt, daß länger weilende „Werchowik“-Winde (Nordost)
am Westufer Nebel bilden, die sich beim Aufkommen des „Kultuk“ (Südwest) wieder zerteilen,
während der Kultuk umgekehrt dem östlichen Ufer Nebel bringt. Ob aber Werchne Udinsk wirk
lich nur 6 Nebeltage hat, war bereits oben als zweifelhaft bezeichnet worden. Die beiden anderen
Stationen des transbaikalischen Streckenabschnittes Petrowskij Zawod mit 18.5, Tsohita mit 16.5
Nebeltagen zeigen wieder gut übereinstimmende Werte.
8. Wesentlich größere Nebelhäufigkeit w'eist das Gebiet der Sehilka und des anschließenden nach
Norden zu konvexen Amurbogen mit 25—35 jährlichen Nebeltagen auf. Durch die besondere Lage
des Gebietes, dem im Hochsommer durch das mandschurische Becken sehr warme Luftmassen,
andererseits über das Witim-Plateau, das Aldan-Plateau und das Jablonoi-Gebirge hinweg häufig
Kaltluftmassen Zuströmen, ist die größere Nebelhäufigkeit verständlich.
9. Nebelarm hingegen ist das mandschurisch-nordchinesische Gebiet, in dem Charbin nur 8, Peking 5,
Tientsin und Tschifu nur 9 mittlere Nebeltage im Jahre melden. Auch aus der Mongolei werden nur
sehr wenige Nebel berichtet. Nicht ausgeschlossen ist es, daß auch der südliche Teil Transbai-
kaliens bereits an der Nebelarmut der mittelasiatischen Steppengebiete teilnimmt. Durch die Ab
nahme der Niederschlagsmenge, der Verschiebung des Höchstwertes der Niederschlagshäufigkeit
vom Juli auf den August und das Pflanzenkleid verrät das Klima vom südlichen Transbaikalien be
reits das Gepräge eines Übergangsklimas. — Wesentlich höhere Werte der Nebeltage gibt
Koppen 20 ) für die Halbinsel Dalni mit 20.5 Tagen an. Hier macht sich die Nähe des Meeres be
merkbar, von dem im Sommer feuchte Monsunströmung gegen das Land weht.
10. In noch höherem Maße gilt dies für den Küstenabschnitt des Japanischen Meeres, den der am
Amur und Ussuri entlang führende Luftweg bei Wladiwostok erreicht. Mit 87 Nebeltagen hat
Wladiwostok überhaupt die größte Nebelhäufigkeit des ganzen Luftwegs von Europa zum Pazifik.
Koppen 21 ) berichtet, daß an der Küste von Nikolajewsk an der Amurmündung bis Wladiwostok im
Sommer viele Tage lang eine Nebelw r and draußen auf dem Meere liege. In den Häfen (z. B. im
Olgahafen) scheine hingegen dabei oft die Sonne; Küstendampfer hätten zuw r eilen wiederholt nach
vergeblichen Versuchen durchzukommen, wieder in den Hafen einlaufen müssen. Die Abnahme
der Nebelhäufigkeit vom Meere zum Lande kommt sogar in unseren Zahlenwerten darin zum Aus
druck, daß das nur 73 km von Wladiwostok, 50 km von der Küste entfernte Nikolsk-Ussurisk be
reits nur noch 14 mittlere Nebeltage im Jahre hat, also bereits zu der Nebelarmut des Inneren
überleitet. Im Küstengebiet nördlich der Amurmündung bilden die über kalter Meeresströmung
H. Johannsen. Der Baikalsee. Mitteilungen d. Geograph. Gesell, i. München. 1925. S. 112.
™) a. a. O. S. 256.
a 1 ) a. a. 0. S. 257.