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Ans dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 44. lld. Holt 3.
Das Gebiet der Pommerellen (2) sowie auch das östliche Rügen (4) sind als typische Hügelgelände
in Küstennahe anzuspreohen, die sich auch in Nordwestdeutschland, Dänemark und Holland als nebel-
reich erwiesen haben. Diese Gelände, die auf Rügen in 161 m, in Pommerellen sogar in 331 m gipfeln,
tauchen zunächst bereits vielfach in niedrige Wolkendecken ein, wobei wieder zu berücksichtigen ist,
daß am Hügelgelände Aufwind und Turbulenz das vertikale Temperaturgefälle und die Kondensations
höhe gegenüber der weiteren Umgebung verändern können. In anderen Fällen strömt wärmere, weniger
dichte Luft über kältere, dichtere, so daß an der Schichtgrenze Woge-nbildung stattfindet. Im Wellen
berg wird die Luft gehoben und kondensiert bei Sättigung dicht unterhalb der Schiehtgrenz© ihre
Feuchtigkeit, so daß sich Wogennebel im Sinne von Georgii 13 ) bildet. Die Erhebung des Hügelgeländes
bringt die Schichtgrenze näher an die Erdoberfläche, das erzwungene Aufsteigen auf der Luvseite
und das Auf- und Absteigen über den Hügelwellen verstärkt dias Wogenschlagen an der Schiehtgrenz©,
so daß die Kondensation vermehrt wird. Auch die Bildung von Misohungsnebeln wird im Hügelgelände
gefördert, da infolge des wechselnden Bodenprofils sich sehr verwickelte Luftbahnen ausbiklen, die eine
reichere Durchmischung der .beiden entgegengesetzten Luftström© verschiedener Temperatur und
Feuchtigkeit ermöglichen.
Die größere Nebelhäufigkeit des östlichen Ostseegebietes (3) ist weit mehr als eine örtliche Er
scheinung. Bei der genannten großen räumlichen Erstreckung muß sie aus dem Zusammenhänge
größerer Witterungserscheinungen folgen. Die Untersuchungen von Georgii 14 ) haben gezeigt, daß die
Vorbedingung für die Entstehung des Nebels in der Hauptsache bestimmte Temperaturscbichtungen
in der Vertikalen sind, bei denen Temperaturumkehrschiohten (Gleltfläohen) in geringen Höhen auf-
treten oder unmittelbar am Erdboden aufliegen. Nach Stüve 15 16 ) sind es im wesentlichen die flache Kalt
luftmaasen abgrenzenden Abgleitflächen, an denen relativ warme Luft abgleitet, und die sich am Rande
von Hochdruckgebieten zur Erdoberfläche senken. Nordöstlich vom östlichen Ostseeigebiet, im Raume
von Novaja Semlja und dem Karischen Meere, ist aber nach v. Ficfeer 18 ) und Exner 17 ) eine häufige Ein
bruchsstelle polarer Luftmassen. Die Kaltluft fließt von dort fächerförmig auseinander, am wenigsten
jedoch nach Westen, am stärksten nach Südosten und Süden. Die Kältewelle verharrt daher häufig
über Nordosteuropa. Bereits früher konnte Less 18 ) zeigen, daß häufig — namentlich im Frühjahr
Hochdruckgebiete über Finnland, Ostsohweden und Nordwestrußland lagern. Das östliche Ost
seegebiet steht daher häufig unter dem Einfluß von Ab gbeitf läch en auf der
Rückseite nordöstlicher K a 111 u f t m a s s s e n am Abhänge von Hochdruckgebie
ten über Nordosteuropa, so daß eine der Nebelbildung günstige vertikale
Temperaturverteilung besonders im Frühling häufig auf tritt.
b) Der Streckenabschnitt östlich der deutschen Grenze.
Für den größeren Teil des Luftwegs nach dem Osten, dessen Nebelbeobachtungen den russischen
Jahrbüchern entstammen, gelten die allgemeinen Bedenken gegen die Vergleichbarkeit der Stations
beobachtungen untereinander im verstärkten Maße. Vergleichbarkeit einzelner Zeitabschnitte der Be-
obaehtungsrelhe derselben Station, der Vergleich mit Nachbarstatiomen und die Berücksichtigung der
orographisoh-klimatisohen Verhältnisse der Station geben jedoch einen Maßstab dafür ab, wieweit den
mitgeteilten Jahresmitteln reale Bedteutung zukommt.
13 ) W. Georgii, Die Ursachen der Nebelbilduug. Annal. <1. Hydrograph. 1920. S. 250.
") a. a. O. S. 210.
15 ) G. Stüve, Agrologische Untersuchungen zum Zwecke der Wettervorhersage. .Arbeiten d. Preuß. Aeronauti
schen Observatoriums Lindenberg 1922.
16 ) H. v. Ficker, Die Ausbreitung kalter Luft in Kußlaud und Nordasien. Sitzungsberichte d. Wien. Akad.
d. Wissenseh. 119, 1910. S. 1769.
17 ) F. M. Exner, Dynamische Meteorologie, 2. Aufl. S. 320.
ls ) E. Leß, Über Eintritt und Wiederkehr strengerer Kälte. Landwirt. Jahrbücher 1909. Ergänzungsbd. V,
S. 405—422.