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Full text: 16, 1893

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte —• 1S93 No. 1 — 
Diejenigen Orkanwinde haben die kleinste Peilung, welche mit dem Südost-Passat und Nordwest-Monsun 
in der Richtung übereinstimmen, die Zwischenwinde Nordost und Südwest die grösste. Die Windpfeile in 
Fig. 3 liegen in Folge dessen an zwei entgegengesetzten Stellen gedrängt beieinander, in der Nähe des 
grossen Pfeiles, der die mittlere Bahnrichtung bezeichnet. Von beiden Stellen interessirt uns am meisten 
die gefährliche, vor dem Zentrum, nahe der Bahn, mit NE- bis SE-Winden. Hier gehen die Windrich 
tungen am schnellsten ineinander über. Zur Vervollständigung des Bildes denke man sich ausserhalb des 
Orkanfeldes auf der ganzen rechten Seite der Bahn den Südost-Passat, auf der hinteren linken Seite den 
Nordwest-Monsun wehend. 
Eine Abhängigkeit der Peilung von der Windstärke ist vorhanden, aber mit Hülfe der wenigen ge 
eigneten Beobachtungen nicht sicher festzustellen. 
Bei N- bis ESE -Winden ist der Unterschied bei hohen und niedrigen Stärkegraden allem Anscheine 
nach gering. 
Orkanwelle. Bisweilen tritt mit dem Orkan eine Welle auf, die vor Anker liegenden Schiffen und 
den Bewohnern niedriger Inseln und Küsten verderblicher werden kann, als der Sturm selbst. Sie erreicht 
eine Höhe von 3 bis 10 in, tritt aber nur in unmittelbarer Nähe des Zentrums und des Landes auf. 
In Raratonga wurde 1846 ein Küstenfahrer über die Kronen der Kokospalmen hinweg aufs Land ge 
setzt, in Nandi 1879 ein Kutter 3 /i Meilen weit ins Innere geführt; 1883 strandeten im Hafen von Apia 
während eines Orkans, aber in Folge einer Erdbebenwelle, alle vor Anker liegenden Schiffe. Eine ausser 
ordentliche Welle verwüstete im März 1886 die Inseln Nairi und Batiki in der Fiji-Gruppe. 
Verschiedene Beobachtungen. Die Dauer der zentralen Windstille scheint sehr zu wechseln; in 
einem Falle betrug sie 10 Minuten, in einem anderen 11V2 Stunden. Der Durchmesser des windstillen Ge 
bietes bleibt meist unter 30 Seemeilen. 
Manche Orkane nehmen ganz plötzlich ab; so der Orkan in Apia Januar 1863, ferner der in Tongatabu 
November 1875. Jener hörte nur in Apia plötzlich auf, dieser dagegen scheint überhaupt bald verschwun 
den zu sein. 
Wasserhosen und Wasserwirbel wurden vereinzelt erwähnt (s. Anhang N0. 2 u. 66), ebenso gleichzeitige 
Erdbeben (N0. 6, 105). 
Die Gewalt mancher Orkane ist unwiderstehlich; in der nächsten Nähe der Bahn hält nichts Stand;. 
Gehen und Stehen ist unmöglich; der vom Sturm gepeitschte Regen verursacht, wo er die Haut trifft, em 
pfindliche Schmerzen; das Salzwasser des Meeres wird als Gischt weit über das Land geführt; Landvögel, 
die in einen Orkan gerathen sind, können nicht mehr hinaus, sie müssen mit und gehen dabei meist zu 
Grunde. Die verwüstete Gegend sieht aus, als wenn Feuer über das Land gegangen wäre. Die Riffe sind 
vielfach durch die Orkane Aenderungen ausgesetzt; das Erscheinen neuer oder Verschwinden alter Riff- 
Inseln ist deshalb nicht selten. In Kaukura, einer der Paumotu-Inseln, wurden im Februar 1878 30 Fuss 
hohe Korallenblöcke aufs Land gewaschen, die 10 Seemeilen weit sichtbar sein sollen. 
Gesichtspunkte für die Praxis. Die Gesichtspunkte, welche dem Seemann bei der Beurtheilung 
seiner Lage zu einem Orkan in der Südsee von Nutzen sein können, sind hiernach etwa folgende: 
Die eigentliche Orkanzeit dauert von Mitte Dezember bis Ende März; ein verspätetes Auftreten im April 
kommt häufiger vor als ein verfrühtes im November. Eine ganz scharf begrenzte Periode giebt es auch 
hier nicht. 
März ist der Monat mit den schwersten und meisten Orkanen; eine Ausnahme macht Neu-Kaledonien 
mit Januar—Februar als Höhezeit. 
W r eun die Regenzeit sich verspätet, oder während derselben eine lange, trockene, heisse Periode auf- 
tritt, darf man eher auf einen, oder auch mehrere Orkane hintereinander rechnen als sonst. Erkundigungen 
nach der Witterung der verflossenenen Wochen bei der Ankunft im Hafen und eigne Beobachtungen da 
selbst haben deshalb mehr als ein oberflächliches Interesse, denn ganz orkanfreie Häfen giebt es auf den 
Inseln nicht. 
Die meisten Orkane werden aus dem Dreieck: Neu-Kaledonien, Samoa- und Cooks-Inseln gemeldet,. 
und südlich davon; die meisten entstehen nahe der Dreiecks-Seite Neu-Kaledonien — Samoa-Inseln, und- 
nördlich davon. Zwischen der Linie und 9 D S. Br. liegt bis jetzt keine Orkanmeldung vor.
	        
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