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In dieser Reihe werden die Glieder — (t'—() + ;, y ! die Veränderung des Ganges in der Zeit,
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g— ( lie Veränderung des Ganges in der Temperatur, oder die von der
und die Glieder — (0
ungenügenden Temperaturkompensation herrührenden Gangänderungen, darstellen.
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Das Glied (?'—0 (®’—®) enthält die aus den kombinirten Einwirkungen von Zeit und Tempe
ratur resultirenden Gangänderungen, welche entweder auf die unter dem Einflüsse dieser variabeln Grössen
sich verändernde Beschaffenheit des Oels, oder, allerdings wohl nur in geringem Betrage, auf die Aende-
rung des Kompensationsfehlers in der Zeit zurückzuführen sind.
Liegt nun eine genügende Zahl zweckmässig ausgewählter Gangheobachtungen vor, so wird man im
Stande sein, sich aus denselben durch Aufstellung von Bedingungsgleichungen die Werthe der Differential-
quotienten
dff, dg
dt ’ dt)
. s.w. zu bestimmen und eine den Gang des Chronometers für die verschiedenen Zeiten und
Temperaturen darstellende Gangformel abzuleiten. Substituirt man alsdann die für die Differentialquotienten
gefundenen Beträge in die Bedingungsgleichungen, so wird man je nach der Uebereinstimmung der berech
neten mit den beobachteten Gängen oder nach der Grösse der übrig bleibenden Fehler: Rechnung minus Be
obachtung, sich ein Urtheil über die Güte der Angaben des Chronometers bilden und ermessen können, in wie
weit man berechtigt ist, den weiteren mit Hülfe der Gangformel berechneten Gängen Zutrauen zu schenken;
wobei allerdings nicht ausser Acht gelassen werden darf, dass die mit den Zeitfaktoren verbundenen Quo
tienten, ihrer Natur nach, sich mit fortschreitender Zeit allmälig werden verändern müssen und streng
genommen nur für die Zeitextreme Gültigkeit haben innerhalb derer sie abgeleitet sind, wogegen die mit
den Temperaturfaktoren verbundenen Quotienten zwischen den Temperaturgränzen, aus denen sie gefunden
worden sind, dieselben Werthe für längere Zeit beibehalten werden.
Die Anwendung der Villarceau’schen Gangformel verlangt, dass die an den Chronometern ange
brachten Kompensationsvorrichtungen derartig eingerichtet sind, dass man ihre Einwirkung als eine konti-
nuirliche Funktion betrachten und als solche in Rechnung tragen kann. Dieses ist streng genommen nur
bei Chronometern mit gewöhnlicher Kompensation der Fall, wohingegen bei den mit Hülfskompensation ver
sehenen Chronometern, bei den Temperaturen, wo dieselbe in Wirkung tritt, nothwendig eine Diskontinuität
in der Kompensation stattfinden muss, welcher die Taylor’sche Reihe, die kontinuirliche Funktionen vor
aussetzt, nicht folgen kann. Wollte man somit die Güte eines mit Hülfskompensation versehenen Chrono
meters nach der Grösse der Beträge beurtheilen, welche eine aus den beobachteten Gängen abgeleitete
Gangformel bei der Zusammenstellung Rechnung minus Beobachtung übrig lässt, oder gar eine Vergleichung
zwischen den Leistungen eines solchen Chronometers mit einem mit der gewöhnlichen Kompensationsunruhe
versehenen Chronometer nach der Villarceau’schen Gangformel anstellen, so würde man, nach Herrn
Villarceau’s eigner uns, bei Gelegenheit eines von demselben im vorigen Jahre dem Chronometer-
Prüfungs-Institute abgestatteten Besuches, ausgesprochenen Ansicht, leicht Gefahr laufen, ersterem Chrono
meter Unrecht zu thun und einen Modus der Beurtheilung in Anwendung bringen, welcher nur unter
grossen Beschränkungen statthaft ist.
Mit Recht sieht der intelligente Chronometerfabrikant heutzutage in der Herstellung zweckmässiger
Kompensationsvorrichtungen, welche die übrigbleibenden Fehler bei sonst gleichmässigem Gange zu einem
Minimum machen, eine der höchsten Aufgaben seiner Kunst, und wird es dem Chronometer-Prüfungs-Institute
stets zu grosser Freude gereichen, über jeden auf diesem Gebiete errungenen und ihm zur Kenntniss ge
kommenen Erfolg Bericht erstatten zu können. Ob die Chronometerfabrikation die Lösung dieser Aufgabe
in der Ausführung zweckmässig ersonnener Hülfskompensationen, von welchen die in letzter Zeit von dem
Uhrmacher H. H. Heinrich in New-York in Vorschlag gebrachte unserer Ansicht nach, falls ihre Ausführung
nicht an technischen Schwierigkeiten scheitert, besondere Beachtung verdient, oder in der Perfektionirung der
gewöhnlichen Chronometerunruhe zu suchen hat, müssen wir unentschieden lassen und scheint uns noch eine
offene Frage zu sein, wenngleich nicht in Abrede gestellt werden darf, dass man in England heutzutage
geneigt ist, der Hülfskompensation für die Zwecke der Schifffahrt vor der anderen den Vorzug zu geben,
wie aus dem Umstande hervorgeht, dass in den letzten Jahren in der englischen Kriegsmarine auf Veran
lassung der Direktion der Sternwarte zu Greenwich an allen noch nicht mit derartigen Einrichtungen
versehenen Chronometern die Airy’sehe Hülfskompensation angebracht worden ist.