2.4 Luftdruckverteilung
System Nordsee
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zurückverweisen, wird hier im Rahmen der Erörterung der prinzipiell selbsterklären
den MSLP-Verteilungen auf derartige Zusammenhänge nur im Einzelfall hingewiesen.
Die eigentliche Bedeutung der MSLP-Verteilungen besteht in dem, was sie über die
Zirkulation (Wind) aussagen. Insofern setzt das Prädikat »selbsterklärend« grund
legende Kenntnisse hinsichtlich der Interpretation der MSLP-Karten voraus. Solche
Kenntnisse beinhalten u. a., dass der Wind parallel zu den Linien gleichen Luftdrucks
(Isobaren) weht und zwar umso kräftiger, je geringer der räumliche Isobarenabstand
ausfällt. Entscheidend für die Windstärke zwischen 2 Orten sind demnach nicht die
zugehörigen absoluten Höhen des Luftdrucks sondern die Luftdruckdifferenz. Ferner
folgt aus der Seefahrerregel »Den Wind im Rücken, befindet sich der hohe Druck
rechter Hand«, dass Hochdruckgebiete im Uhrzeigersinn und Tiefdruckgebiete im
Gegenuhrzeigersinn umströmt werden (Abb.2-3, S.46). Diese Regel trifft gleicher
maßen für die Anomalieverteilungen zu, in denen kohärente negative und positive
Abweichungen als Tief- und Hochdruckgebiete aufzufassen sind. Schließlich ist der
jahreszeitlich veränderliche Temperaturkontrast zwischen Land und Meer zu beach
ten, wenn es z. B. darum geht, vorherrschende Windrichtungen mit advektiven Tem
peraturänderungen zu assoziieren.
Die klimatologischen MSLP-Verteilungen des Zeitraums 1971 - 2000 haben grundle
gende Bedeutung für die Identifizierung und Einschätzung der Zirkulationsanomalien
in den Jahren 2006 und 2007 (Kap. 2.4.2, S. 73). Da der früher verwendete UKMO
Datensatz nicht länger aktualisiert wird, wurde eine Umstellung der Datenbasis auf
MSLP-Felder der NCEP/NCAR Reanalysis I vorgenommen. Eine kaum vermeidliche
Diskontinuität in Hinsicht auf bislang veröffentlichte Ergebnisse resultiert dabei vor
allem aus der nachstehend beschriebenen Problematik der Druckreduktion im Skan
dinavischen Gebirge. Eine Abschätzung der damit verbundenen Abweichungen be
schränkt sich auf den Vergleich der klimatologischen MSLP-Felder.
2.4.1 MSLP unter den Skanden
Der fiktive Charakter des Luftdrucks im Meeresniveau unter Gebirgen liegt ebenso auf
der Hand wie der Nutzen, den Luftdruck auf einem einheitlichen Höhenniveau anzuge
ben. Seit den Anfängen der Synoptischen Meteorologie in der Mitte des 19. Jahrhun
derts haben deshalb zahlreiche, durchaus begründete Hypothesen als Druckreduk
tionsverfahren Gestalt angenommen (z. B. Pauley 1998), die jedoch unüberprüfbar
bleiben, solange es an Glauben, geologischer Zeit oder praktikablen Methoden fehlt,
das Gebirge tatsächlich zu versetzen bzw. durch Luft zu ersetzen. Der naturgemäß
fehlende Konsens hinsichtlich der zu verwendenden Methodik leistet einen nicht uner
heblichen Beitrag zur Verschiedenheit von MSLP-Verteilungen, wie sie beispielsweise
im Rahmen von Modellvergleichsstudien zutage getreten sind (Gates et al. 1999).
Im Rahmen vergleichender Untersuchungen zur Umstellung der Datenbasis von
UKMO MSLP-Feldern auf entsprechende NCEP/NCAR-Felder (vgl. Kap. 2.2, S. 39)
wurde die geschilderte Problematik im Bereich der norwegischen Skanden sichtbar.
Starke Abweichungen zwischen beiden Datensätzen wurden insbesondere für Grön
land bereits von Reid et al. (2001) festgestellt, die die NCEP/NCAR MSLP-Verteilung
hier in den Wintermonaten als unrealistisch hoch einschätzen. Eigene Berechnun
gen auf Basis von Monatsklimatologien für 1971 -2000 zeigen, dass der Druck im
Meeresniveau auf 40° W/70° N im Winterhalbjahr (02M) um 14,7±3,0 hPa über dem
UKMO-Vergleichsdruck liegt, während dieser Überdruck im Sommerhalbjahr auf un-
beachtliche 0,1 ±0,2 hPa zusammenschmilzt.