2 Atmosphärenphysik
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System Nordsee
2.4 Luftdruckverteilung
Der Kern dieses Beitrags besteht in der Dokumentation der monatlichen und saisona
len räumlichen Luftdruckverteilungen im Meeresniveau für die Jahre 2006 und 2007.
Diese MSLP-Verteilungen sind gemeinsam mit den klimatologischen Referenzzu
ständen des Zeitraums 1971 -2000 und den Abweichungen der aktuellen Verteilun
gen von den Klimatologien (Anomalien) in 8 Abbildungen, die jeweils eine Jahreszeit
abdecken, fortlaufend ab 5. 77 wiedergegeben. Jede dieser Verteilungen wurde in
gleicher Weise klassifiziert 1 wie die täglichen MSLP-Felder (Abb. 2-1, 5.41; Tab. 2-1,
5.44), so dass ihr charakteristisches Muster unmittelbar aus diesen Abbildungen
abgreifbar ist.
Die täglichen MSLP-Verteilungen repräsentieren aus jeder Tageszeitung oder dem
Fernsehen bekannte quasi-synoptische Zirkulationszustände mit Hoch- und/oder
Tiefdrucksystemen als zentralen Elementen, deren kurzfristige zeitliche Entwicklung
und Verlagerung für einen erfahrenen Synoptiker oder mittels deterministischer Wet
tervorhersagemodelle mit hoher Zuverlässigkeit vorhersehbar ist. Die langfristigen
Mittel solcher Verteilungen stellen demgegenüber keine Wetterlagen mit Vorhersage
potential dar, sondern einen hoffentlich repräsentativen mittleren Zirkulationszustand,
der in Hinsicht auf seine Auswirkungen - beispielsweise auf die Temperatur - als
»Witterungslage« bezeichnet werden kann.
Im Unterschied zur logischen oder quasi-deterministischen Abfolge der Wetterlagen
von Tag zu Tag, besteht eine zwangsläufige Abfolge von Witterungslagen, die jede
für sich prinzipiell auf tausenderlei Weise bzw. zahllosen Wetterlagenabfolgepfaden
zustande gekommen sein kann, per se nicht. Insofern stellen die insgesamt 24 plus 8
monatlichen und saisonalen MSLP-Verteilungen der Jahre 2006 und 2007 disjunkte
»Ereignisse« dar, die zwar aus der konkreten Abfolge der täglichen Wetterlagen resul
tieren (z. B. Tab. 2-1,5.44) und sich in vielen Fällen aus den Häufigkeitsverteilungen
der Hauptwetterlagen abschätzen lassen (z. B. Tab. 2-7, 5.48), aber darüber hinaus
auf Zeitskalen von Monaten oder Jahreszeiten kausal nicht weiter erklärbar sind 2 .
Infolgedessen reduziert sich eine mitteilenswerte Erörterung der Witterungslagen auf
deren Auswirkungen auf mittlere Windverhältnisse (Kap. 2.5, 5.85), die Oberflächen
zirkulation der Nordsee (Kap. 3.2, 5.117), die Wellenhöhenverteilung (Kap. 3.3, 5.131)
oder die Temperaturentwicklung in der Nordsee (Kap. 3.5, 5.142). Da diesen Konse
quenzen offensichtlich selbstständige Kapitel gewidmet sind, die im Rahmen der Dis
kussion anomaler Entwicklungen auf ursächliche Anomalien der MSLP-Verteilungen
7. Im Unterschied zur Klassifizierung täglicher Wetterlagen (vgl. Kap. 2.3.1, S. 40) wurde in allen Fällen der Typ
>U< nicht mehr erfasst, sondern In Abhängigkeit von den bis zum Koordinatenursprung ausgedehnten Sektorengren
zen den Rlchtungs-, Rotatlons- und Hybrldtypen zugeordnet (vgl. Abb. 2-2, S. 42). Diese Maßnahme begründet sich
aus dem Umstand, dass die zeitliche Mittelung der Druckfelder zu einer beträchtlichen Stauchung der Werteberelche
von Wind- und Vortlclty-Index führt, so dass viele der Frühjahrs- und Sommerverteilungen ohne Unterdrückung des
U-Typs als unklasslfizlerbar einzustufen wären. Aufgrund der damit verbundenen gelegentlichen Überstrapazlerung
des Verfahrens sollten visuell nicht nachvollziehbare Klassifizierungen nicht überinterpretiert werden. In diesem Zu
sammenhang sei auch daran erinnert, dass Richtungswetterlagen auf MSLP-Daten an den zentralen Gitterpositio
nen 4, 5, 8, 9, 12 & 13 fußen, während In Rotationswetterlagen Daten an allen 16 In Abb. 2-1, S.41 bezelchneten
Positionen ein fließen.
2. Natürlich haben die In der freien Troposphäre stattfindenden thermo- und hydrodynamischen Prozesse
erheblichen Einfluss auf die Luftdruckverteilung Im Meeresniveau und deren Entwicklung. Insofern ließe sich das
»Nlcht-Welter-Erklärbare« In höhere atmosphärische Stockwerke verlagern, Indem etwa der (synchrone) Zusam
menhang zu Zirkulationsanomalien Im 500 hPa Niveau hergestellt wird. Andererseits sind die Auswirkungen die
ser Prozesse In den MSLP-Verteilungen enthalten und nur letztere direkt relevant für das Subsystem Meer Im System
Nordsee.