A. Wedemeyer: Winkeltreue KaHennetze in elementarer Behandlung
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Loxodrome in einer normalen stereographischen Karte). Er preist sie: „Simillima filia
matri“, weil sie sich immer wieder selbst erzeugt. Erst Klein und Lie war es Vorbehalten,
den wahren Grund dafür anzugeben. Stevin baute Anfang des 17. Jahrhunderts bereits
einen Winkelhaken, mit dem er die Loxodromen auf der Kugel einzeichnete. Nur aus
der Eigenschaft der Loxodrome: sie schneidet alle Meridiane unter dem*
selben Winkel, kann man elementar alle winkeltreuen Karten aus dem nor«
malen stereographischen Netze ableiten. Die Loxodrome liegt dabei nicht gezeichnet
vor. Dabei ergibt sich, daß die elementare Behandlung wichtige Beziehungen zwischen
den verschiedenen winkeltreuen Netzen aufdeckt, die bislang trotz sorgfältiger Bearbeitung
verborgen geblieben sind. Maurer leitete in ähnlicher Weise die Gleichung der Kugel«
loxodrome elementar ab.
Im folgenden soll die Theorie aller bisher bekannten winkeltreuen Kartennetze
elementar behandelt werden; im Anschluß daran werden auch mathematische Abbildungen
vorgeführt, damit der Leser einen Vergleich mit Holzmüller, „Theorie der isogonalen
Verwandtschaften und konformen Abbildungen“, dem ich eine Anzahl Zeichnungen ent«
nommen habe, anstellen kann. Die Elementar*Mathematik ist hier der höheren Mathematik
überlegen. Anders liegt die Sache, wenn die Forderung aufgestellt wird, für einen be*
stimmten Zweck eine winkeltreue Karte zu schaffen. Diese Aufgabe kann die Funktionen«
Theorie, die von Lagrange begründet, von Jacoby, H. A. Schwarz und Lame ausgebaut
ist, leichter lösen, da sie nicht auf frühere Kartennetze zurückzugreifen braucht. Aber
auch für den Unterricht nach der Funktionen«Theorie wird es zweckmäßig sein, dem
Schüler erst die elementaren Ableitungen zu zeigen, da er dadurch besseres Verständnis
für die besonderen Netze gewinnt.
Der Schüler wird nach der hier vorgeschlagenen Methode die Netze der Karte
1:300000 des Reichsamts für Landesaufnahme, die er auf seinen Wanderungen, Rad«
und Autotouren benutzt, leicht und sicher zeichnen und benutzen können, während in
den Schulen, angeblich aus Zeitmangel, dieser Netzentwurf nicht gelehrt wird.
1. Das normale stereographische Netz.
Die stereographische Karte ist winkeltreu. Will man ein Gebiet karto«
graphisch aufnehmen, so stellt man den Zeichentisch waagerecht und schlägt in die Mitte
des Zeichenpapiers einen Nagel mit einem langen Bindfaden ein. Dann richtet man den
Faden auf eine Landmarke und zieht längs des Fadens einen Strich. So verfährt man
mit allen Landmarken. Die Strahlen schneiden sich im Hauptpunkt der Karte unter den
Kugelwinkeln, sie geben die Azimutunterschiede winkeltreu wieder; die Karte ist daher
im Hauptpunkt winkeltreu und azimutal. Um die Abstände der Landmarken in der
Karte deutlich zu machen, wird man alle Marken, die vom Hauptpunkt gleichweit ab«
stehen, auf einem Kreise einzeichnen. Daraus folgt sofort, daß alle Verzerrungen auf
diesem Kreis einander gleich sind, die Kreise sind also Verzerrungsgleichen (Äqui«
Deformaten). Zeichnet man die Azimutunterschiede im Hauptpunkt nicht winkeltreu ein,
sondern vergrößert oder verkleinert sie in gleichem Maße, so ist die Karte im Hauptpunkt
nicht mehr winkeltreu und azimutal, sondern zenital. Die Kreise um den Hauptpunkt
bleiben Verzerrungsgleichen. Die azimutalen Karten sind daher ein Grenzfall der zeni«
talen. In den azimutalen Netzen kann man stets einen Parallelkreis (ev. Breitenkreis)
längentreu abbilden, während man in den zenitalen Karten zwei Parallelkreise längentreu
abbilden (s. S. 19) und dadurch die Abstände der Parallelkreise gleichmäßiger verteilen
kann, so daß für ein Netz beschränkter Ausdehnung ein Maßstab genügt.
Zeichnet man von einem beliebigen Punkte der zenitalen Karte aus einen Büschel
Hauptkreise der Kugel in die Karte ein, so wird man durch Drehung um den Haupt*
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