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Full text: Forschungsschiff Meteor 1964-1985

Über die Kunst, Auslandsempfänge an Bord zu geben 
Am 11. 11. 1964 fand im Hafen von Neapel der erste größere Auslands-Empfang an 
Bord der METEOR statt, eine Veranstaltung, die in enger Abstimmung mit der dortigen 
konsularischen Vertretung der Bundesrepublik geplant und durchgeführt wurde. Daß 
das Datum dieses Ereignisses mit dem traditionellen Start der Karnevals-Saison daheim 
zusammenfiel, ist nachträglich wohl mehr als Zufall anzusehen. Ein Kausalzusammen- 
hang in Bezug auf den Ablauf des Empfanges und seine Folgen läßt sich nach so langer 
Zeit nicht mehr mit Sicherheit herstellen. 
Von den 80 Gästen, die für die Zeit von 18.00 bis 20.00 Uhr geladen waren (das 
Schiff lief am gleichen Abend zu seinem 2. Fahrtabschnitt Neapel— Port Said aus), 
erschienen etwa 65, so daß mit den teilnehmenden Besatzungsmitgliedern und Einge- 
schifften rund 100 Personen zusammen kamen. Trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit 
war es möglich, auf dem zu jener Zeit noch völlig freien Hubschrauberdeck zusammenzu- 
stehen und die eindrucksvolle Szenerie eines Bordempfanges auf sich einwirken zu 
lassen, die sich in den folgenden 20 Jahren Fahrtzeit in zahlreichen Auslandshäfen noch 
häufig wiederholen sollte: mit mediterraner Eleganz gekleidete Damen, viele goldene 
„Kolbenringe“ auf Marineuniformen, in der Abendbrise wehende Dekorationen aus 
Signalflagen, Sonnenuntergang, gute Drinks und anregende Gespräche. 
Der Empfang ging wie geplant zu Ende, gegen 20.45 Uhr war auch der letzte Gast 
von Bord und das Schiff lief zur vorgesehenen Zeit aus. Damit war der erste Auslands- 
empfang an Bord von FS METEOR erfolgreich überstanden — hätte man denken 
können — aber dem war nicht so! 
Als wir in unsere Kammer kamen, stand ein strenger Gin-Dunst im Raum, in den 
benachbarten Kammern roch es ähnlich stark nach Whisky. Nach kurzem Suchen waren 
die „Duft“-Quellen lokalisiert: die offenen Trinkwasser-Karaffen, die offenbar alter 
Schiffstradition entsprechend neben den Zahnputz-Gläsern über den Waschbecken ange- 
bracht waren, enthielten statt Trinkwasser diverse Spirituosen, Reste der Bordparty, wie 
wir vermuteten. 
Daß es sich nicht um Reste handelte, zeigte sich bald. Statt weiterer Erklärungen sei 
hier aus einem Brief zitiert, den der damalige Konsul I. Kl. aus Neapel unter dem 
17. November 1964 an Kapitän Lemke schrieb (über die Botschaft der Bundesrepublik 
Deutschland in Kairo): 
„... Leider muß ich Sie mit einer Bitte behelligen. Die von mir am Abfahrtstage 
bezahlte Rechnung betreffend den Empfang auf der METEOR . .. werde ich wahr- 
scheinlich an das Auswärtige Amt einzureichen haben und befürchte, daß sie dort zu 
mehreren Beanstandungen führen wird. .'. 
Wir gingen hier davon aus, daß ich für 80 Gäste bestellt habe und ca. 65 erschienen 
sind. 216 Flaschen Bier (9 Kisten) sind pro Person mehr als 3 Flaschen. Nach unseren 
Erfahrungen sind höchstens 100 Flaschen Bier angemessen, d. h. höchstens 1% Flaschen 
Bier pro Person. Starke Alkoholika: 17 Flaschen Whisky, 2 Flaschen Kognak, 6 Flaschen 
Gin, 5 Flaschen Asbach: zusammen 30 Flaschen. Falls diese Mengen außer dem Bier von 
den Gästen effektiv konsumiert worden wären, wäre wohl die ganze Gesellschaft völlig 
alkoholisiert gewesen. Zudem entspricht eine derartige Trinklust nicht der italienischen 
Mentalität. . . 
Ich darf bemerken, daß ich selbst noch 2 Flaschen Campari, 6 Flaschen Wermut 
sowie 6 Pfund Süßigkeiten und 22 Dosen Fruchtsaft zur Verfügung gestellt habe. . .“ 
Die Angelegenheit wurde nach einigem Schriftverkehr einvernehmlich geregelt. Der 
nächste Bordempfang in Port Said jedoch wurde von mitgebrachtem Botschaftspersonal 
abgewickelt und Gin- bzw. Whisky-haltige Kammeratmosphären nach Auslands-Fmpfän- 
gen gab es nach Neapel nicht mehr. 
Deter Koske 
„9
	        
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