2.4 Luftdruckverteilung
System Nordsee
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Die schwachen klimatologischen Luftdruckgegensätze im April und Mai (Abb.2-14,
5.78) sind Ausdruck langfristig gleichverteilter Richtungswetterlagen. Individuelle
monatliche MSLP-Verteilungen sind meist - wie in den Jahren 2006 und 2007 - weit
weniger diffus und bilden sich in dieser Jahreszeit folglich fast unverändert in den
Anomaliemustern ab.
Besonders markante intrasaisonale Unterschiede, die sich im jahreszeitlichen Mit
tel fast aufheben, weisen die MSLP-Verteilungen im Sommer 2006 auf (Abb.2-15,
5.79) . Die Höhenzirkulation (500 hPa) hatte Wellenzahl-5-Struktur mit persistenten
Hochdruckrücken über Mittelsibirien, dem zentralen Nordpazifik, dem Westen Nord
amerikas, dem nordwestlichen Atlantik und in besonders starker Ausprägung über
Europa (vgl. Bell 2006). Diese Struktur spiegelt sich in positiven Anomalien der Ober
flächentemperaturverteilung der mittleren Breiten wider (Abb.2-28,S. 105) und leitete
die wärmste 1-jährige Periode nicht nur für die Nordseeregion sondern die Nordhemi
sphäre insgesamt ein. Zum Monatsende hin bildete sich SW-lich Islands das Sturmtief
>Xaviera<. Dieses erreichte am 1. August die Nordsee (Tab. 2-1, 5.44) und etablierte
eine dauerhafte Troglage über Zentraleuropa, die sich im Meeresniveau als CNW-
Muster zeigt (Abb. 2-15, 5.79) und hier zu gegenüber dem Vormonat inversen Tem
peraturanomalien führte. Die Verschiebung von Wellenbergen und -tälern betraf den
gesamten eurasischen Kontinent N-lich 40° N und schloss die Umkehrung der Tem
peraturanomalien zwischen Greenwich und Datumsgrenze ein. Die Nordseetempera
tur fiel zwar unter den Ende Juli erreichten Höchststand zurück, blieb aber thermisch
träge auf anomal hohem Niveau (Abb. 3-13,5.143).
Hurrels 3 und Osborns 4 NAO-Indizes zeigen von August bis Oktober 2006 bei Mit
telwerten von etwa -2,1 respektive -1,8 einen durchgängig negativen NAO-Zustand
an. Maßgebend für die recht kräftige SW-Anströmung im Nordseeraum im September
und Oktober war jedoch ein ausgeprägtes Ostatlantikmuster (Abb. 2-16, 5.80), das
sich im vorliegenden positiven Mode durch tiefen Druck W-lich der Britischen Inseln
und einen starken SE-lich orientierten Druckgradienten über Westeuropa auszeichnet
(Barnston und Livezey 1987). Ebenso starken Anteil an der Aufrechterhaltung der
Nordseewarmanomalie hatte die intensive W-Zirkulation, die von November 2006 bis
Januar 2007 (Abb. 2-17,5.81) andauerte und durch einen stark positiven NAO-Mode
von 2,2 treffend charakterisiert ist. MSLP-Konstellation und Anströmung im Febru
ar 2007 entsprachen praktisch denjenigen im März des Vorjahres (Abb. 2-13, 5.77);
die Kombination von negativem NAO-Mode und stark positivem Ostatlantik-Mode in
Verbindung mit dem erheblichen Druckanstieg über Skandinavien gegenüber Januar
2007 bedingten dabei die S-liche Anströmung im Nordseeraum (Abb. 2-17, 5.81 ) 5 .
Die Rückkehr der NAO im März 2007 in einen stark positiven Mode (Hurrel: 3,1,
Osborn: 2,0) wirkte sich im Nordseeraum nicht in entsprechender Stärke aus; Ursa
che hierfür sind das annähernd gleich häufige Vorkommen der 6 Hauptwetterlagen
(Tab. 2-9, 5.49) und speziell die Häufung von NE- und SE-Lagen in der 3. Dekade,
die Hochdruck in der nördlichen Nordsee oder Skandinavien und Tiefdruck südlich
davon implizieren.
3. http://dimatedataguide.ucar.edu/guidance/hurrelTnorth-atlantic-oscillation-nao-index-station-based
4. http://www.cru. uea.ac. uk/~timo/datapages/naoi.htm
5. Der Vorzeichenwechsel der NAO und insbesondere der Arktischen Oszillation in der 3. Januardekade beinhal
tet die Umstellung der bis dahin zonal symmetrischen zu einer stark mäandrierenden zirkumpolaren Zirkulation. Die
damit einhergehenden zahlreichen polaren Kaltluftausbrüche führten im Februar zu einer Invertierung der extremen
Warmanomalie über den nordhemisphärischen Landmassen (vgl. Abb. 2-28, S. 105 und TFieureux et al. 2008).