2 Atmosphärenphysik
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System Nordsee
Motorräder angeben, die der Untersuchung zugrunde liegen. Entsprechend ist die
mittlere Lauflänge oder Lebensdauer eines Wetterlagentyps W das Verhältnis von
Gesamtzeit, in der W herrschte, zur Summe der W-Individuen bzw. W-Episoden oder
W-Läufe (Runs), welche sich anhand der Wetterlagenkalender als von anderen Wet
terlagen begrenzte W-Sequenzen identifizieren und abzählen lassen. Für die Wetter
lage A im Jahr 2006, beispielsweise, ergibt sich so - oder indem man die Höhen der
gelben Stapelelemente in Abb. 2-6 addiert und das Resultat durch die Summe der ein
geschriebenen Läufe dividiert - eine mittlere Lauflänge oder Lebensdauer von 94/40
oder 2,35 Tagen.
Die wetterlagenspezifischen mittleren Lebensdauern in den Jahren 2006 und 2007
sowie im klimatologischen Zeitraum 1971 -2000 sind in Tab. 2-10 zusammengestellt.
In der Spalte NN ist darüber hinaus die anonymisierte Lebensdauer der Wetterlage
als >Ding-an-sich< angegeben, die sich schlicht als Verhältnis von Länge des Beob
achtungszeitraums zur Summe aller Wetterlagenepisoden ergibt. Während demnach
das >Ding-an-sich< im Mittel 2 Tage andauert, variiert die mittlere Lebenserwartung
gewöhnlich zwischen 2,4 (A) und 1,6 Tagen (NE). Recht hohe Abweichungen hiervon
betreffen gerade diese Wetterlagen im Jahr 2007 sowie die NW-Lage im Jahr 2006.
Obgleich die klimatologische Rangfolge hinsichtlich Vorkommenshäufigkeit und Epi
sodenanzahl identisch ist, nämlich A-SW-NW-C-SE-NE, ergibt sich für die Lebens
dauer die abweichende Rangfolge A-SE-SW-NW-C-NE. Aus Tab. 2-10 ist ersichtlich,
dass Stichprobenvariationen auch mit Verschiebungen im Lebensdauerranking ein
hergehen.
Lifetime
A
C
NE
SE
SW
NW
NN
7100
2.42
1.76
1.62
2.13
2.05
1.82
2.02
2006
2.35
1.69
1.62
2.13
2.20
1.56
1.96
2007
2.09
1.87
2.57
2.25
1.88
1.87
1.99
Tab. 2-10: Mittlere Lebensdauer in Tagen für die reduzierten Wetterlagen und das anonyme
>Ding-an-sich< (NN) in der Periode 1971 - 2000 und den Jahren 2006 und 2007.
Table 2-10: Mean lifetime in days ofreduced weather types and the anonymous >thing-in-itself<
(NN) for the period 1971 - 2000 andyears 2006 and2007.
Der exponentielle Charakter des Abfalls der Laufhäufigkeiten mit zunehmender Lauf
länge tritt in Abb. 2-6 besonders deutlich für die anonyme Wetterlage (+) hervor. Dem
zufolge erscheint die Vermutung naheliegend, dass sich die beobachtete Lauflängen
verteilung durch die denkbar einfachste Lebensdauerverteilung - die Geometrische
Verteilung - beschreiben lässt. Die GV ist das diskrete Äquivalent der Exponenti-
alverteilung (die beispielsweise radioaktiven Zerfallsprozessen zugrunde liegt) und
teilt mit dieser die (ansonsten) singuläre Eigenschaft der Gedächtnislosigkeit. Diese
Eigenschaft beinhaltet, dass der einzige Verteilungsparameter, die Sterbewahrschein
lichkeit p, nicht vom bereits erreichten Alter abhängt, sondern konstant ist. Im Fall
der anonymen Wetterlage (Ding-an-sich) entspricht der generierende Prozess dem
Glücksspiel Münzwurf, d. h. über die Abfolge der (anonymen) Lauflängen (im Zeit
raum 1971 - 2000) wird täglich per Münzwurf entschieden. Abbruch oder Fortsetzung
eines Kopflaufes sind dabei von den Eintrittswahrscheinlichkeiten p für Zahl und 1 - p
für Kopf = ¡Zahl bestimmt. Die Zufallsvariable Lauflänge oder Lebensdauer L hat die
Geometrische Wahrscheinlichkeitsmassenfunktion PMF(L=k;p) = p(1 - p) k_1 , in der