2 Atmosphärenphysik
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System Nordsee
2.3 Wetterlagen
Die maßgeblichen Antriebsbedingungen für ozeanographische Zustandsänderungen
sind durch die großräumige atmosphärische Zirkulation definiert.
Eine seit langem gebräuchliche Methode zur integralen Beschreibung der regionalen
atmosphärischen Zirkulation besteht in der Definition von Zirkulationsmustern oder
>Großwetterlagen< (Baur etal. 1944, Lamb 1950). Zur Objektivierung der >Lamb Wea-
ther Types< wurde von Jenkinson und Collison (1977) ein automatisches Verfahren
entwickelt, welches eine Klassifizierung der täglichen Großwetterlage ausschließlich
auf Basis von Luftdruckdaten im Meeresniveau erlaubt. Auch durch ihre Einfachheit
ist diese Klassifizierungsmethode zu einem vielgenutzten Werkzeug z. B. bei der Ana
lyse von regionalen Klimaänderungen avanciert (Jones et al. 1999, Chen 2000, Om-
STEDT ET AL. 2004).
Im Anschluss an einen Abriss der Klassifizierungsmethode wird diese zur Bestim
mung der täglichen Wetterlagen in den Jahren 2006 und 2007 eingesetzt. Die stark
differenzierten Ergebnisse werden in Form von Wetterlagenkalendern präsentiert, in
die zudem eine Sturmklassifizierung eingebettet ist. Für weitergehende statistische
Untersuchungen wird der Zustandsraum von 27 auf 6 Wetterlagen reduziert. Abgese
hen von der Identifizierung von Häufigkeitsanomalien auf verschiedenen Zeitskalen
werden Lebensdauerverteilungen und Wetterlagenübergänge für das reduzierte Set
analysiert.
2.3.1 Klassifizierung
Aus der täglichen Luftdruckverteilung im mittleren Meeresniveau werden zwei für die
Nordseeregion repräsentative Indizes für Wind und Vorticity (Wirbelstärke) abgeleitet.
Empirische Relationen zwischen beiden Größen legen anschließend nicht nur den
Zirkulationstyp fest (Zyklonal, Nordwest etc.), sondern erlauben darüber hinaus die
Identifizierung von Sturmereignissen. Eine ausführliche Beschreibung der Methodik
findet man in Loewe et al. (2005).
Abb. 2-1 zeigt die Luftdruckverteilung für den stärksten Sturm des Jahres 2007 am 18.
März. Durch Auswertung des Luftdrucks an den gekennzeichneten 16 Gitterpositio
nen ergeben sich für den Wind- und Vorticity-Index 40,4 bzw. 40,8 hPa. Diese Werte
entsprechen einer Windgeschwindigkeit von 25,0 m/s aus Kompassrichtung 279° und
einer Wirbelstärke von 111°/Tag und gelten streng für die Position 55° N/5° E. Die
daraus abgeleitete Klassifizierung >sehr starker zyklonaler Weststurrm (CW/VSG) ist
repräsentativ für das durch die Punkte 4-5-9-13-12-8 begrenzte Gebiet. Weitere
Klassifizierungsbeispiele findet man in Kap. 2.4, S. 68.
Die bivariate Verteilung der täglichen Windgeschwindigkeits- und Vorticity-Indizes ist
in Abb. 2-2 für den Zeitraum 1971 -2000 dargestellt. Während das Vorzeichen des
Vorticity-Index eine zyklonale (+) bzw. antizyklonale (-) Krümmung der Isobaren an
zeigt, hätte die Einführung eines Vorzeichens für den Geschwindigkeitsbetrag unter
bleiben können. Das Vorzeichen dient hier zur Unterscheidung von Winden aus der
westlichen (+) bzw. östlichen (-) Hemisphäre. Die Asymmetrie der »Schmetterlings
flügel« macht deutlich, dass die Nordsee in der geographischen Zone ostwärts wan
dernder Wellen und Wirbel liegt, welche eine Vorherrschaft von Winden aus NW- bis
SW-lichen Richtungen bedingen. Winde aus beiden Hemisphären standen im Zeit
raum 1971 -2000 im Verhältnis 68:32; das entsprechende Verhältnis für Winde mit