4 Meereschemie
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System Nordsee
Neben dem Test auf das Erreichen von Hintergrundwerten wird im OSPAR-Bewer-
tungssystem geprüft, ob die Schadstoffgehalte im Sediment Ursache für negative
chronische Effekte auf marine Spezies sein können. Zu diesem Zweck wurden von
OSPAR eigene Umweltbewertungskriterien, so genannte »Environmental Assessment
Criteria< (EAC) entwickelt. Leider ist dieses Bewertungssystem nicht auf die Metall
belastung des Sedimentes anwendbar, da die EAC von Cadmium und Blei deutlich
unter den Hintergrundwerten dieser Elemente liegen, was aus grundsätzlichen Über
legungen keine sinnvolle Bewertung zulässt. OSPAR hat sich also entschieden für die
Bewertung der Metallbelastung im Sediment (auch die der PAH) ein anderes, von der
US NOAA entwickeltes Bewertungssystem anzuwenden, die sog. »Effect Range Low<
(ERL) Werte (s. o.).
4.4.3 Oberflächenwasser
Über die vier Jahreszeiten verteilt wurden im Zeitraum von Januar 2006 bis November
2007 an 327 Stationen Meerwasserproben entnommen, um darin die Metallbelastung
des Oberflächenwassers zu bestimmen. Im Jahr 2006 wurden die Überwachungs
fahrten noch mit dem BSH-Forschungsschiff >Gauss< durchgeführt, seit 2007 werden
zu diesem Zweck Charterschiffe eingesetzt. Acht Reisen führten ausschließlich in die
Deutsche Bucht, die gesamte Nordsee wurde nur einmal im Sommer 2006 beprobt
(Gauss 463a; vgl. Abb. 4-1 und Tab. 4-1, S. 169).
4.4.3.1 Gelöste und schwebstoffgebundene Metallgehalte
Metalle liegen im Wasserkörper gelöst und schwebstoffgebunden vor. Beide Kom
partimente werden im BSH getrennt voneinander untersucht. Wasserproben werden
direkt nach der Entnahme an Bord des Forschungsschiffes in einem Reinraumlabor
container durch Filtration über 0,4 pm Porenfilter in Schwebstoff und Filtrat getrennt.
Im Filtrat nachgewiesene Metallgehalte werden als gelöst betrachtet, der Rest, der
sich auf dem Filter anreichert, als schwebstoffgebunden. Die Differenzierung bei Par
tikelgrößen von 0,4 pm entspricht aktuellen wissenschaftlichen Gepflogenheiten, ist
aber nicht mehr als eine Konvention. Zum Beispiel sind kolloidale Suspensionen (sehr
kleine Partikel) ohne weiteres filtergängig und von ihren Eigenschaften nicht eindeutig
dem Schwebstoff oder der gelösten Phase zuzuordnen.
Abb. 4-43 zeigt die Verteilung einiger Elemente zwischen schwebstoffgebundener und
gelöster Fraktion. Dargestellt ist der prozentuale Anteil der Metallgehalte in der gelös
ten Fraktion, bezogen auf den Gesamtmetallgehalt der Wasserproben, in einem Box
diagramm. In die Statistik einbezogen sind alle Messungen, die im Zeitraum von 1999
bis 2005 jeweils im Winter (Januar - März) durchgeführt wurden. Jede Teilgrafik zeigt
die Verhältnisse bei unterschiedlichen Salzgehalten - von Brackwasser (links oben)
bis Meerwasser (rechts unten). Deutlich ist die in der Reihe Fe > Pb > Mn > Zn > Ni >
Cu > Cd abnehmende Affinität der Elemente zum Schwebstoff zu erkennen. Während
im Meerwasser das Element Eisen nahezu vollständig am Schwebstoff gebunden vor
liegt, wird Cadmium deutlich überwiegend gelöst nachgewiesen. Die Reihung der Ele
mente ist unabhängig vom Salzgehalt, die Ausprägung der gelösten Elementgehalte
verschiebt sich jedoch mit zunehmenden Salzgehalten zu höheren Anteilen in der
gelösten Fraktion. Mit zunehmender Entfernung von der Küste, also mit steigenden
Salzgehalten, sinken die Schwebstoffgehalte in der Wassersäule. Damit nimmt der
Anteil der für Adsorptionsprozesse verfügbaren Oberflächen ab und ein proportional
wachsender Teil der Metallgehalte bleibt in Lösung. Besonders ausgeprägt ist diese