Meeresphysik
System Nordsee
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Die Tiefenverteilung der Temperatur in der Deutschen Bucht wurde anhand von Daten
der Dauermessstationen >NSB lll< und >EMS< des MARNET-Netzwerks dokumentiert.
Bei der wenig außerhalb des ganzjährig durchmischten flachen Küstenwassers lie
genden Station >EMS< waren insbesondere im Frühjahr alternierende Phasen von
Stratifizierung und Erosion zu beobachten. Diese waren an strahlungsintensive und
gleichzeitig windschwache bzw. strahlungsarme und windstarke Episoden oder Ereig
nisse gebunden, die mit einer Entkopplung bzw. Überschneidung des windinduzierten
Turbulenzregimes mit der Gezeitenstromturbulenz der Bodenschicht einhergingen.
Unter praktisch gleichen meteorologischen Konditionen konnte sich bei der tieferen
und geringeren Gezeitenströmen ausgesetzten Station >NSB lll< eine ab Anfang Juni
2006 beständige Schichtung mit scharfer Thermokline im 15-20 m Tiefenbereich
ausbilden, die im Verlauf des von Tiefdruckstörungen geprägten August nur allmäh
lich erodierte.
Im Winter 2005/06 bildete sich Meereis trotz der im Prinzip günstigen schwachen Zo
nalzirkulation erst Ende Januar und fast ausschließlich an der nordfriesischen Küste.
Der als >schwach< klassifizierte Eiswinter dauerte bei Eisdicken von 5 - 20 cm knapp
eine Woche an. Im Winter 2006/07 blieb die Deutsche Nordseeküste vollständig eis
frei. Die unter verstärkter Zonalzirkulation geringen Abkühlungsraten reichten erst
recht nicht hin, um den zu Winterbeginn erneut sehr hohen Wärmeinhalt des Meer
wassers der Deutschen Bucht deutlich vor Durchschreiten des saisonalen Minimums
im Februar abzubauen.
Salzgehalt (S. 156ff.)
Das von Norden einströmende atlantische Wasser mit S > 35 drang im Jahr 2006
ganzjährig am Boden und an der Oberfläche bis 55,5° N nach Süden vor. In der Bo
denschicht reichte das atlantische Wasser bis an die Norwegische Küste heran und
bis ins Skagerrak hinein, an der Oberfläche wurde es durch den salzärmeren Balti
schen Ausstrom über der Norwegischen Rinne in seiner Ausdehnung nach Westen
begrenzt. Der gesamte Salzinhalt lag mit 0,7 Standardabweichungen unter dem lang
fristigen Mittel 2000 - 2009.
Die den Salzgehalt in der Deutschen Bucht beeinflussenden Festlandsabflüsse lagen
im April und Mai 2006 aufgrund ungewöhnlich starker Schneefälle im Winter erheblich
über den klimatologischen Monatsmitteln. Der Abfluss der Elbe entsprach im April
dem 2 1 /2-fachen des langjährigen Mittelwertes.
Infolge des ungewöhnlich hohen Sturmaufkommen im Herbst/Winter 2006/07 drang
im Jahr 2007 das atlantische Wasser von Norden her bis auf etwa 54,2° N vor; gleich
zeitig drang eine Zunge atlantischen Wassers aus dem Kanal in die südliche Nord
see ein. Im Sommer war die Nordsee deutlich salzärmer. An der Oberfläche wurden
Salzgehalte > 35 nur noch NW-lich der Linie Peterhead - Fladengrund - Südspitze
Shetlands, also im unmittelbaren Einflussbereich des Fair-Isle-Stroms, angetroffen.
Auch am Boden verringerte sich die Fläche atlantischen Wassers, dessen Südrand
sich um über 60 sm NE-wärts verlagerte. Der gesamte Salzinhalt der Nordsee ent
sprach im Sommer mit 1,143 x 10 12 1 praktisch dem 10-Jahresmittel der vergangenen
Dekade. Der vertikale Salzgehaltsgradient über der norwegischen Rinne war deutlich
weicher als im Vorjahr, so dass sich keine eigentliche Halokline ausbildete. Die Ge
samtabflussmengen der Elbe in den Jahren 2006 und 2007 lagen mit 22 km 3 /a dicht
am langjährigen Mittel.