4 Meereschemie
168
System Nordsee
4.1 Einführung
<•> 5. Schmolke • • • •
Der Stoffhaushalt im Meer wird einerseits durch natürliche Prozesse und Gleichge
wichte bestimmt, wird aber auch durch menschliche Aktivitäten belastet. Über Atmo
sphäre und Flüsse werden Schadstoffe aus Landwirtschaft, Industrieproduktion und
Verkehr in die See transportiert. Abwässer aus Kläranlagen und der direkte Abfluss
von durch Dünger und Pflanzenschutzmittel verunreinigten Oberflächengewässern
führt zu einem erhöhten Eintrag von Nährstoffen, Schwermetallen und naturfremden
organischen Chemikalien. Hinzu kommt die zunehmende Nutzung des Meeres als
Transportweg, als Erholungsraum und zur Energiegewinnung (Windenergie, Öl-/Gas-
förderung).
Viele der freigesetzten und in die Nordsee gelangenden Elemente und Verbindungen
werden nur schwer abgebaut und daher langsam aus der marinen Umwelt entfernt.
Hieraus ergibt sich eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Anreicherung dieser Stoffe
in marinen Lebewesen, welche sich durch Akkumulationsprozesse in der Nahrungs
kette potenziert. Zu den möglichen Folgen zählen Beeinträchtigungen des Immunsys
tems, der Reproduktionsfähigkeit und des Stoffwechsels.
Neben den toxikologischen Aspekten der chemischen Belastung des marinen Öko
systems kommt dem Nährstoffhaushalt des Meeres besondere Bedeutung zu. Nitrat,
Nitrit, Phosphat und Silikat sind wesentliche Komponenten des natürlichen Stoffhaus
haltes im Meer, ohne die biologisches Wachstum unmöglich ist. Einträge aus Land
wirtschaft, Haushaltsabwässern, Verkehr (Schifffahrt) und Verbrennungsprozessen
führen jedoch zu einer erhöhten Primärproduktion, die Sauerstoffmangelsituationen
und Veränderungen im Artenspektrum zur Folge haben kann.
Voraussetzung für die Beurteilung des ökologischen Zustandes der Nordsee ist eine
möglichst genaue Kenntnis der räumlichen und zeitlichen Veränderungen der che
mischen Variablen. Grundlagen hierfür schafft die chemische Meeresumweltüberwa
chung des BSH. Die Beprobung des Meerwassers erfolgt dabei an festen geographi
schen Positionen eines Stationsnetzes, welches 2004 erweitert und vereinheitlicht
wurde (Abb. 4-1).
Die in den Jahren 2006/07 durchgeführten Überwachungsfahrten und dabei erho
benen Datensätze zur Charakterisierung des chemischen Zustands sind Tab. 4-1 zu
entnehmen.