3.5 Temperatur
System Nordsee
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3.5.3 Temperaturschichtung
Weite Gebiete der Nordsee sind im Sommerhalbjahr thermisch geschichtet. Diese ver
tikale Temperaturschichtung bildet sich in tieferen Seegebieten aus, in denen sich die
am Meeresboden erzeugte Gezeitenstromturbulenz nicht bis in die winddurchmischte
Oberflächenschicht auswirkt. Hier werden in der Übergangszone zwischen warmer
Deckschicht und kälterer Bodenschicht teilweise extreme Temperaturgradienten von
mehr als 10 °C innerhalb weniger cm gemessen. Die saisonale Temperatursprung
schicht wird als Thermokline bezeichnet und stellt für den Energie- und Stofftransport
eine Barriere dar, die im Extremfall vertikale Transporte verhindert. Überlappen sich
hingegen beide Vermischungszonen, tritt allenfalls kurzzeitig ein thermischer Gra
dient in Oberflächennähe auf, der entweder durch den Seegang, oder aber durch
nächtliche Abkühlung und Konvektion schnell wieder abgebaut wird. Vertikale Tempe
raturgradienten können zusätzlich durch starke vertikale Salzgehaltsgradienten, wie
sie in Flussmündungen oder im Bereich des baltischen Ausstroms auftreten, forciert
werden.
Abhängig vom Wechselspiel zwischen thermischem Energieeintrag und kinetischer
Energiezufuhr bilden sich eine oder auch mehrere thermische Sprungschichten aus,
deren Tiefen von Jahr zu Jahr variieren. Die im Rahmen der Nordseeaufnahmen in
den Sommern 2006 (Abb.3-17) und 2007 (Abb.3-18) auf Breitenparallelen erfassten
Vertikalschnitte dokumentieren die zwischenjährliche Variabilität der Temperatur
schichtung.
Nach einem vor allem im Osten tendenziell zu kalten Frühjahr (Abb.3-15,S. 145) war
die Oberflächentemperatur der Nordsee im Juli 2006 rasant angestiegen und lag im
August mit 2,2 K um 3,2 Standardabweichungen über dem klimatologischen Mittel
von 16,0 °C. Dabei bildete sich insbesondere in der östlichen Nordsee eine sehr war
me Deckschicht mit scharfer Thermokline aus, die aber nicht sehr tief lag, so dass
selbst über der Doggerbank auf 55° N eine schwache Schichtung beobachtet werden
konnte (Abb. 3-17). Die Deckschicht war zwar ungewöhnlich warm, aber von so gerin
ger Mächtigkeit, dass der Wärmeinhalt der Nordsee geringer ausfiel als in den vor
angegangenen und folgenden 3 Sommern (Tab. 3-6, 5.150). Auch die verschiedent
lich beobachtete starke Vertiefung der Deckschicht über der Norwegischen Rinne auf
58° N (z.B .Abb. 3-18) fehlte im Sommer 2006. Ursache hierfür ist vermutlich das kühle
Frühjahr (Abb. 3-15,5.145) und die späte drastische Erwärmung im Juli bei ruhigem
und beständigem Strahlungswetter (vgl. Abb. 2-15,5.79& Abb. 2-27,5.104).
Die extreme, nordseeweite Warmanomalie der Oberflächentemperatur dauerte von Juli
2006 bis Juni 2007 an (Abb. 3-15, Abb. 3-16). Der saisonale Temperaturgang in diesem
wärmsten 12-monatigen Zeitraum seit Beginn der Beobachtungen verlief auf einem
gegenüber dem klimatologischen Zyklus um 1,7 K erhöhten Niveau. Die intensive sola
re Einstrahlung im März und insbesondere im April 2007 (Abb. 2-26,5.104) führte früh
zur Ausbildung der Temperaturschichtung und damit zur Konservierung der warmen
homothermen Wintertemperaturen im Wasser unterhalb « 40 m. Im von Tiefdruckstö
rungen geprägten Hochsommer herrschten recht kräftige, persistente Winde aus W
(Tab. 2-14,5.90) - die Ende Juni sogar noch Sturmstärke erreichten (Tab. 2-3,5.45) -
so dass die Oberflächentemperaturanomalie zur Zeit der Nordseeaufnahme im August
weitgehend abgebaut war (0,5 K). Als Folge dieser Windverhältnisse sowie der frühen
Erwärmung wurde eine sehr mächtige Deckschicht (Abb. 3-18,5.149) bei gleichzeitig
näherungsweise normalen Oberflächentemperaturen vorgefunden (Abb. 3-16,5.146).
Gegenüber den mittleren Sommerprofilen des Zeitraums 2000 - 2009 waren dieTem-