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Full text: 49: System Nordsee : 2006 & 2007 : Zustand und Entwicklungen

3 Meeresphysik 
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System Nordsee 
ßerst ungewöhnlich erwies sich hingegen der Zeitabschnitt von Juli 2006 bis Juni 
2007, in dem eine extreme Warmanomalie von sehr beständiger Stärke (1,7 ± 0,4 K) 
herrschte. Die saisonalen Temperaturen (JAS, ...) belegen die Ränge 2-1-2-1; für die 
zugehörigen Monatstemperaturen (Juli bis Juni) ergibt sich die Abfolge 3-4-2-1-2-1- 
1- 3-2-1-5-4 im Zeitraum 1969 - 2010. Die Mitteltemperatur für diese Zeitspanne über 
traf mit 11,6 °C die o.g. Rekordtemperatur um weitere 0,6 K und lag damit um 3,7 
Standardabweichungen über dem klimatologischen Jahresmittel (9,9 °C). Seit Beginn 
der Temperaturanalysen im Oktober 1968 war keine 12-monatige Periode wärmer als 
der in Rede stehende Zeitabschnitt. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass diese 
extreme Warmphase nicht auf das Nordseegebiet beschränkt war, sondern für die 
Nordhemisphäre sogar die wärmste Periode seit mindestens 130 Jahren darstellt (s. 
S. 103 und Abb. 2-28, 5. 105). 
Im Zeitraum 1971 bis 2010 lag die Korrelation zwischen den Monatsmitteltempera 
turen für Nordsee und Deutsche Bucht (Seegebiet S-lich 55,5° N und E-lich 6,5° E) 
bei 0,94 ± 0,02. Ein entsprechender linearer Zusammenhang zwischen den Nordsee 
temperaturen und denen bei Helgoland Reede 2 berechnet sich zu 0,88 ± 0,06, wo 
bei sich die mit Abstand schwächste Kopplung für den Monat Juni ergibt (0,72). Die 
Temperaturentwicklung in der Deutschen Bucht oder bei Helgoland Reede (Abb. 3-14) 
entspricht daher weitgehend derjenigen in der Nordsee, was hier anhand der Monats 
ränge der Temperaturen zwischen Juli 06 und Juni 07 weiter belegt wird (DB: 1-5-3—1- 
2- 1-1-3-2-1-4-3; Helgoland 2-5-2—1-3-1 -1-1-1—1-1-1). Ein beachtlicher Unterschied 
besteht allerdings in der höheren Amplitude des Jahresgangs, die aus der geringen 
Wassertiefe und geographisch kontinentalen Lage resultiert. 
Einen regional differenzierten Einblick in die monatlichen Abweichungen der Ober 
flächentemperaturen der Nordsee von den klimatologischen Verteilungen des Zeit 
raums 1971 -1993 bieten Abb. 3-15 und Abb. 3-16, in denen als Interpretationshilfe 
auch die anomalen Komponenten der atmosphärischen Zirkulation angegeben sind 
(vgl. Abb. 2-13, 5.77 ff.). Die angesprochenen parallelen Entwicklungen auf subre 
gionalen und lokalen Skalen sind Konsequenz überregional kohärenter Muster, die 
sich vor allem infolge großräumiger atmosphärischer Zirkulationsanomalien und da 
mit einhergehender Wetter- und Witterungsbedingungen einstellen 3 . Insofern sind die 
ausführlichen meteorologischen Erläuterungen zum Lufttemperaturgang auf Norder 
ney (Kap. 2.7, 5.102) hier gleichermaßen anwendbar und eine entsprechende Wie 
derholung verzichtbar. Wesentlich für Entwicklung und Fortbestand der extremen 
Warmanomalie waren die durch eine O-Lage verursachte europaweite Hitzewelle im 
Juli 2006 (Abb. 2-28, 5.105), die starke meridionale viz. S-liche Anströmungskompo 
nente ab September (Abb. 2-22, 5.89), das extreme Sturmaufkommen von Oktober 
bis März (Abb. 2-25,5.100), die außergewöhnlich hohe Einstrahlung im April bei be 
ständigem Hochdruck (Abb. 2-26, 5.104; Abb. 2-18, 5.82) und schließlich schwache 
Windverhältnisse im Frühjahr 2007 (Abb. 2-21,5.86). 
2. Die Messreihe der Oberfiächentemperaturen von Helgoland Reede wurde freundlicherweise von der Biologi 
schen Anstalt Helgoland (AWI) zur Verfügung gestellt (Wiltshire und Manley2004). 
3. Gegenüber dem Energieaustausch mit der Atmosphäre sind advektive Wärmetransporte durch den Einstrom 
von Nordatlantikwasser auf den betrachteten Zeltskalen von untergeordneter Bedeutung (z. B. Sharples et al. 2006). 
Die Temperaturverhältnisse im Nordatlantik sind deshalb keineswegs irrelevant, denn sie werden über die atmo 
sphärische Zirkulation kommuniziert. Da diese Verhältnisse seit Mitte der 1990er Jahre durch die Warmphase der 
Atlantischen Multidekadischen Oszillation (AMO) charakterisiert sind (s.a. Abb. 2-28, S. 105), werden die seither 
nahezu dauerhaft erhöhten Temperaturen in der Nordseeregion sicher durch über den Atlantik herangeführte Luft 
massen mitverursacht (vgl. a. Sutton und Dong 2012, Robsonetal. 2012).
	        
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