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Full text: 49: System Nordsee : 2006 & 2007 : Zustand und Entwicklungen

3 Meeresphysik 
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System Nordsee 
3.4.3 Gezeiten 
Der Wasserspiegel der Nordsee ist an jedem Ort immer bestrebt, sich senkrecht zum 
örtlichen Vektor des Schwerefeldes einzustellen. Dieser Vektor unterliegt sehr kleinen 
Störungen, die durch Mond und Sonne verursacht werden und Gezeitenbeschleuni 
gungen genannt werden. Nur in großen Ozeanen mit Wassertiefen von wenigen Ki 
lometern verursachen die Gezeitenbeschleunigungen Wasserstandsschwankungen 
von wenigen Dezimetern. Diese im offenen Ozean erzeugten langen Gezeitenwellen 
dringen in die Nordsee ein und erfahren hier wegen der abnehmenden Tiefe und 
Form des Nordseebeckens eine Amplitudenzunahme. Der Gezeitenhub an der deut 
schen Nordseeküste erreicht bis zu 4 m. Der direkte Einfluss der örtlichen Gezeiten 
beschleunigungen auf die Wassermassen der Nordsee ist sehr klein und beträgt le 
diglich wenige Millimeter bis Zentimeter (Müller-Navarra 2002). Es handelt sich hier 
also hauptsächlich um Mitschwingungsgezeiten. Der Einfluss vom Mond ist deutlich 
größer als der von der Sonne, weswegen die Gezeiten der Nordsee im Mittel eine 
Periode von etwas mehr als einen halben Tag (12,42 h) haben und als halbtägige 
Gezeiten bezeichnet werden. 
Langfristige Änderungen der Gezeiten, sei es aus astronomischen Gründen oder weil 
sich die Küstengestalt und die Tiefenverteilung der Gezeitengewässer geändert hat, 
fließen verfahrensbedingt Jahr für Jahr in die vorausberechneten Werte in den deut 
schen Gezeitentafeln ein (Anonymus 2009). So hat sich der mittlere Tidenhub (MTh) 
von ungefähr 3 m in Cuxhaven seit den 1950er Jahren nur unwesentlich verändert, 
während das mittlere astronomische Hochwasser (MHW) und das mittlere astronomi 
sche Niedrigwasser (MNW) mit dem relativen mittleren Meeresspiegel (s.u.) anstie- 
gen. Die langjährigen Veränderungen dieser Art haben z. B. Jensen und Mudersbach 
(2007) analysiert. So haben sich an den Küstenpegeln die Gezeitenverhältnisse et 
was stärker geändert als an den Inselpegeln, was teilweise mit Küstenschutzmaßnah 
men und Ausbaumaßnahmen der Schifffahrtswege zusammenhängt. 
3.4.4 Mittlerer Meeresspiegel 
Der mittlere relative Meeresspiegel (RSL) in Cuxhaven, der monatlich oder jährlich 
aus stündlichen Wasserstandsregistrierungen abgeleitet wird, schwankt wegen der 
Wetterabhängigkeit so stark, dass aus 2 aufeinanderfolgenden Jahren (2006 - 2007) 
keine zeitliche Änderung des Anstiegs, z. B. ein beschleunigter Meeresspiegelanstieg, 
abgeleitet werden kann. Zur Beurteilung der lokalen Entwicklung der Wasserstände 
über viele Jahre sind die Monatsmittelwerte gleichwohl hervorragend geeignet. 
Vergleicht man die zeitlichen Änderungen der Wasserspiegellage der Jahre 2006 bis 
2007 mit einem beliebigen Referenzzeitraum des 20. Jahrhunderts, so stellt man le 
diglich unbedeutende Veränderungen fest, die wenig bis gar keinen Bezug zu rezenten 
Klimaänderungen zeigen. Aus klimastatistischen Gründen sollten Referenzzeiträume 
mindestens die Länge von 30 Jahren haben (z.B. 1961 - 1990). Deswegen sind auch 
fernerkundete globale Mittelwerte der Wasserspiegellage und daraus abgeleitete Ver 
änderungen noch unsicher. Zudem muss immer beachtet werden, dass punktuelle 
Mittelwerte, Mittelwerte über mehrere Orte entlang einer Küste oder gar Flächenmittel 
unterschiedliche geophysikalische Prozesse widerspiegeln. 
Aussagekräftige Analysen liefern aus stündlichen Pegelständen z(t) abgeleitete Mo 
natsmittelwerte. Sie enthalten nur noch sehr kleine Gezeitenanteile und die Variabilität 
des Wetters tritt deutlich hervor (Abb. 3-12). Monate mit ausgeprägten Westwindlagen
	        
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