Strafverfolgung im nationalen und internationalen Rahmen
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2008 ein neues Netzwerk von Umweltstaatsanwälten ein, das sich nachfolgend Network of Prosecutors
on Environmental Crime (ENPRO) nannte. 33
Die grundlegenden Anliegen der genannten Netzwerke In Nord- und Ostsee stimmen überein: 34
• Erfahrungsaustausch unter Praktikern: In zumeist jährlich stattfindenden Treffen unterrichten sich die
Netzwerkmitglieder über rechtliche Änderungen und bedeutsame Ermittlungsverfahren In Ihren Ländern.
Darüber hinaus werden bei diesen Tagungen feste nationale Ansprechpartner der einzelnen Länder vor
gestellt, die als Kontaktstellen bei festgefahrenen Ermittlungen oder atmosphärischen Störungen zur Ver
fügung stehen - dabei handelt es sich um eine nicht zu unterschätzende vertrauensbildende Maßnahme
In der länderübergreifenden Zusammenarbeit. Dies hat im Bereich von Nord- und Ostsee u.a. dazu ge
führt, dass Probleme von Hafen- und Küstenstaaten, die nach einer Verfahrensübernahme durch einen
Flaggenstaat in dieser Region um Kontakt und ggf. Informationen zu Delikt-sanktionen nachsuchten,
weitestgehend abgebaut worden sind.
• Schaffung einheitlicher Ermittlungsstandards: Bei aller Unterschiedlichkeit der Rechtssysteme der
Anrainerstaaten von Nord- und Ostsee kann eine gemeinsame Strategie zur Bekämpfung von Meeres
verschmutzungen nur erfolgreich sein, wenn die verschiedenen Staaten möglichst auf der Basis von
ähnlichen Ermittlungsstandards arbeiten. Stehen dem Im Einzelfall rechtliche Hindernisse entgegen, Ist
es eminent wichtig, dass die verschiedenen Stellen um diese Hindernisse wissen und nicht etwa an
nehmen, beabsichtigte Maßnahmen würden unterlaufen. Im Nordseebereich Ist aus diesem Grund das
Handbuch „North Sea Manual on Maritime Oil Pollution Offences“ erstellt worden, das vom NSN jährlich
aktualisiert wird. Noch größere Bedeutung kommt dem vergleichbaren Handbuch In der Ostseeregion
„Manual on Prosecuting Environmental Crime in the Baltic Sea Region“ zu, da dies den Ansatz ver
folgt, die noch deutlicher voneinander abweichenden Ermittlungsstandards der sehr unterschiedlichen
Rechtssysteme in dieser Region zu beschreiben und Mindestanforderungen für die Zusammenarbeit zu
festzulegen. Dieses Handbuch wird jährlich durch ENPRO aktualisiert.
• Aufbau von Falldateien: Über den Erfahrungsaustausch hinaus wird für den Nordseebereich Im NSN
eine anonymisierte Falldatei erstellt, die Grundlage für zukünftige Erfahrungsaustausche sein soll.
Zudem bildet sie eine wertvolle Basis für angestrebte Angleichungen bei Ermittlungen und Sanktionen
sowie für rechtspolitische Initiativen.
Welch wichtiger Impulsgeber die Netzwerkarbeit für das gemeinsame Anliegen der Bekämpfung von
Meeresverschmutzungen sein kann, zeigt sich anhand der zwischenzeitlich Im Nord- und Ostseebereich
vermehrt genutzten Ersuchen gemäß Art. 218 Abs. 2 SRÜ. Befindet sich danach ein Schiff,freiwillig 1 Im
Hafen und liegen begründete Hinweise vor, dass dieses eine illegale Einleitung In fremden Küstenge
wässern oder einer fremden ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) verursacht hat, kann der betroffene
Küstenstaat dem kontrollierenden Hafenstaat mit einem entsprechenden Ersuchen das Recht einräumen,
zu ermitteln und ein strafrechtliches Verfahren einzuleiten und dies später mit einer Sanktion abzuschließen.
33 Vgl. Resolution 13. Meeting der Generalstaatsanwälte der Ostseestaaten vom 2.10.2009, S.3, http://www.cbss.org/Civil-
Security-and-the-Human-Dimension/prosecutors-general
34 Der Autor ist deutsches Mitglied im NSN und ENPRO, dessen Vorsitz er 2011 bis 2012 übernommen hat.