Strafverfolgung im nationalen und internationalen Rahmen
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1. Begrenzte Möglichkeiten der Tataufklärung
Meeresverschmutzungen in den deutschen Zuständigkeitsbereichen von Nord- und Ostsee werden von
den Behörden sehr umfassend registriert. 4 Die Anzahl der in den letzten zwanzig Jahren im Bereich der
Nord- und Ostsee (sowie den Hafenzugängen) registrierten Vorgänge lag jeweils zwischen 100 und 300.
Ein eindeutiger statistischer Trend lässt sich für diesen Zeitraum nicht belegen; seit 2005 ist allerdings ein
stetiger Rückgang auf 106 Verunreinigungen im Jahr 2010 festzustellen. 5
Die Ermittlung der Verursacher der Gewässerverunreinigungen bereitet den Strafverfolgungsbehörden
oftmals Schwierigkeiten. Denn die jährliche Aufklärungsquote liegt zumeist unter 20 % 6 und Ist unbefriedi
gend. Zwar ist In den letzten Jahren das Kontrollnetz für die europäischen Meere durch die Satellitenüber-
wachung, die darauf abgestimmte nationale Luftüberwachung sowie den wiederum darauf ausgerichteten
Einsatz von Überwachungsbooten der Küstenwache erheblich verfeinert und effizienter gestaltet worden; 7
zudem konnten die Ermittlungsmögllchkelten hinsichtlich Analyse und Nachweis der Verunreinigungen
sowie die sachverständige Begutachtung mittels Driftmodellen verbessert werden. 8 Erheblich intensiviert
wurde auch die länderübergrelfende Zusammenarbeit insbesondere Im Nord- und Ostseeraum. 9 Dennoch
verwundern die relativ niedrigen Aufklärungsquoten natürlich nicht, wenn man die sich in der Weitläufig
keit der Meere ergebenden vielfältigen Möglichkeiten zur weitestgehend unbeobachteten Tatbegehung
bedenkt. Zudem können besondere Witterungsverhältnisse von Tätern ausgenutzt werden und diese die
Tataufklärung erschweren. Die sehr hilfreiche Satellitenüberwachung kann zumeist leider nur erste Hinweise
auf mögliche Verschmutzungen liefern, einen Tatnachweis aber sicher nicht erbringen.
2. Begrenzte Möglichkeiten der Aburteilung
Nicht jede Tataufklärung von In deutschen Gewässern begangenen Verunreinigungen führt auch zu einer
Verurteilung durch deutsche Gerichte. Ist es gelungen, die Verunreinigung einem bestimmten Schiff
zuzuordnen, muss eine weitere wichtige Hürde genommen werden, nämlich der zur Verurteilung nötige
justizielle Tatnachweis. Nach Aufklärungshindernissen gilt es nun, rechtliche Hindernisse zu überwinden;
es trifft zu, dass wiederum nur ca. 20 % der aufgeklärten Fälle auch eine Verurteilung In Deutschland nach
sich ziehen. Die Zahl der Verurteilungen bzw. der Im schriftlichen Verfahren ergangenen Strafbefehle 10 liegt
in Deutschland konstant unter 10 Fällen Im Jahr. 11 Diese zunächst überraschenden Erkenntnisse verlangen
eine Erklärung. Zu nennen sind Insoweit Insbesondere folgende Gründe.
4 Das Bundesamt für Seeschifffahrt (BSH) führt sämtliche Meldungen der deutschen Meldestellen zusammen und veröffentlicht
diese jeweils in seinem Jahresbericht, vgl. insoweit BSH. Jahresbericht 2010, S. 35
5 Vgl. BSH, Jahresbericht 2010, S. 35 sowie BSH, Jahresbericht 2009, S. 23 mit Übersicht für die Jahre 2002 bis 2009
6 Vgl. BSH Jahresberichte 2009 und 2010 (Fn. 5); zur Auswertung der Verfolgungszahlen der 90er Jahre: Brandt, Seeschifffahrt
und Umweltschutz, in: Deutsche Akademie für Verkehrswissenschaft (Hrsg.), 38. Verkehrsgerichtstag 2000, S. 264 ff, 266 ff
7 Vgl. Baschek (Fn. 2), a.a.O.
8 Dazu in diesem Band: Dahlmann, Identifizierung von Ölverschmutzungen - internationale Zusammenarbeit, S. 64 ff: sowie Janssen,
Die operationeilen Öldriftmodelle des BSH - Werkzeuge für die Ölunfallbekämpfung, S. 58 ff
9 Dazu näher Abschnitt IV
10 Soweit gegen einen Strafbefehl nicht rechtzeitig Einspruch erhoben wird, steht er einem rechtskräftigen Urteil gleich, vgl. §410
Abs. 3 Strafprozessordnung (StPO)
11 Vgl. Brandt (Fn. 6) a.a.O.: BSH, Jahresberichte