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Die operationeilen Öldriftmodelle des BSH
Driftmodell
Basierend auf den archivierten Modellergebnissen des Zirkulationsmodells können bei Bedarf Driftvorher
sagen für Öl oder treibendende Gegenstände mit dem Lagrange’schen Driftvorhersagemodell BSHdmod.L
(Dick und Soetje, 1990; Dick und Müller-Navarra, 2002) durchgeführt werden. Das Grundprinzip eines
Lagrange’schen Öldriftmodells besteht in der Darstellung eines zu simulierenden Ölflecks durch eine
große Anzahl von Partikeln (-1000) deren Drift einzeln berechnet wird. Dabei werden neben den meteoro
logischen und hydrographischen Verhältnissen auch das Verhalten unterschiedlicher Ölsorten im Wasser
berücksichtigt. Das Modell simuliert also neben der reinen Drift auch Prozesse wie „Spreading“, horizontale
und vertikale Dispersion, Verdunstung und Emulsionsbildung.
Anwendung
Die Driftvorhersagemodelle des BSH werden in aller Regel auf Anfrage z. B. des Havariekommandos oder
der Strafverfolgungsbehörden betrieben. Dabei lassen sich zwei unterschiedliche Anwendungsgebiete
voneinander trennen.
Im Falle einer akuten Ölverschmutzung wird zuerst eine sogenannte „Vorwärtsrechnung“ durchgeführt. Da
bei wird ausgehend von einer beobachteten Ölverschmutzung auf See, sei es, dass die Ersterkennung vom
Satelliten, Flugzeug oder Schiff erfolgt ist, eine Vorhersage des Driftweges berechnet. Hierbei geht es um
Klärung von Fragestellungen wie: „Wohin driftet das Öl?“ oder „Wann und wo wird es stranden?“.
Im späteren Verlauf einer Ölverschmutzung oder wenn das Öl bereits gestrandet ist, ändern sich die Frage
stellungen: „Woher ist das Öl gekommen?“ und „Wer kommt als möglicher Verursacher in Frage?“. Diesen
auf die Strafverfolgung abzielenden Fragen wird mit sogenannten „Rückwärtsrechnungen“ nachgegangen,
bei denen - ausgehend vom Ort der Verschmutzung - das Öl zeitlich rückwärts verfolgt wird, um auf eine
mögliche Guelle zu schließen.
Im Folgenden soll nun für beide Arten der Öldriftberechnung ein Beispiel gegeben werden.
Vorwärtsrechnungen
Anhand eines realen Ölunfalls in der jüngeren Vergangenheit sollen hier die Möglichkeiten einer Driftrech
nung im Vorhersagemodus, einer sog. „Vorwärtsrechnung“, erläutert werden.
In der Nacht vom 30. auf den 31. Juli 2009 kam es in der Nähe von Langesund (Norwegen) zur Strandung
des Tankers „Full City“ und in Folge der Strandung zu einem Austritt von ca. 300 t Schweröl innerhalb der
nächsten Stunden (Abb. 3a). Im Weiteren Verlauf der Havarie wurde die Küste auf einer Länge von
ca. 70 km verschmutzt (Abb. 3b).