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Sensitivität von Meeresküsten
Bekämpfung von Ölunfällen und Ölverschmutzung
Einmal abgesehen von Ölunfällen in der Tiefsee wie etwa nach der Explosion der Ölplattform im Frühjar
2010 Im Golf von Mexiko, lässt sich eine Ölverschmutzung am besten bekämpfen, solange das Öl noch auf
dem Wasser schwimmt. In technischer Hinsicht bevorzugen einige Staaten die ausschließlich mechanische
Bekämpfung, beispielsweise mit Ölskimmern oder auf dem Wasser schwimmenden Ölbarrieren.
Andere befürworten eine chemische Bekämpfung, überwiegend mit Dispergatoren, die oftmals In großen
Mengen von Flugzeugen versprüht werden. Wie gut diese Ghemikallen wirken, hängt allerdings sehr stark
von der Art des Öls und von seinem Zustand ab. Ein Problem ist, dass Dispergatoren grundsätzlich nur
kurze Zelt nach einem Unfall eingesetzt werden können, da die oben erwähnten chemisch-physikalischen
Prozesse die Wirkung bereits nach wenigen Stunden verhindern. Für den Fall, dass herantreibende Öltep
piche empfindliche Küstenabschnitte bedrohen, kann ihr Einsatz aber durchaus sinnvoll sein. Dank der Dis
pergatoren sinkt das Öl von der Oberfläche In die Tiefe ab. Damit verringert sich die Gefahr, dass Seevögel
oder empfindliche Pflanzen verölt werden.
Bel der Havarie der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ 2010 strömte das Öl jedoch in großer Wassertiefe aus
dem Bohrloch und befand sich, teilweise als riesige Ölwolke, Im gesamten Wasserkörper. Für Unfälle dieser
Art und diesen Ausmaßes gibt es bislang nur wenig Erfahrung. Zur Erstbekämpfung wurden enorme Men
gen von Dispersionsmitteln eingesetzt, mit bisher nicht absehbaren ökologischen Folgen.
Auch die sogenannte Bioremedlatlon kann in geeigneten, vor allem nährstoffarmen Meeresgebieten er
folgreich sein. Bel diesem Verfahren gibt man Nährstoffe Ins Wasser, die das Wachstum Öl abbauender
Bakterien fördern. Für alle Bekämpfungsstrategien gilt grundsätzlich, dass sie nur dann sinnvoll und effektiv
eingesetzt werden können, wenn sie Teil eines übergeordneten nationalen Bekämpfungsplans (Gontln
gency Plan) sind, nach dem gut trainierte Einsatzkräfte Im Ernstfall strukturiert vorgehen können. In den
USA, Deutschland, den übrigen Nordseeanrainern und einigen anderen Staaten gibt es derartige Pläne
bereits seit mehreren Jahren. Dort sind die Zelten vorbei, In denen Behörden bei Ölunfällen mangels klarer
Zuständigkeiten, hinreichenden Materials und genügend Personals oft wenig effektiv und unangemessen
reagierten.
Doch solche technischen Managementstrategien allein reichen nicht. Für einen wirksamen Schutz des
Meeres vor Ölverschmutzungen müssen globale und regionale Abkommen ausgearbeitet werden. Ferner
muss man kontrollieren, ob diese tatsächlich umgesetzt und angewendet werden. Ein positives Beispiel Ist
das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung (MARPOL 73/78), mit dem
1983 unter anderem Meeresschutzgebiete ausgewiesen wurden, in denen der Tankerverkehr ganz oder
teilweise eingeschränkt Ist. Das Übereinkommen bewirkte einen starken Rückgang der Tankerunfälle wäh
rend der 1980er-Jahre. MARPOL 73/78 brachte auch neue Auflagen zur betriebsbedingten Einleitung von
Öl mit sich. Außerdem ebnete es den Weg zum Bau von Doppelhüllentankern. Zu einem weiteren Rück
gang der Unfälle während der folgenden Jahrzehnte trugen sowohl der OPA (Oll Pollution Act) der Verei
nigten Staaten von Amerika Im Jahr 1990 als auch der von der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation
(International Maritime Organization, IMO) verabschiedete ISM-Gode (International Management Gode for
the Safe Operation of Ships and for Pollution Prevention) von 1998 bei.