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Full text: Zweites Köppen-Heft der Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie

Scherhag, R.: Die Entstehung der Vb-Depressionen, 
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Die Darstellung der absoluten Topographie der 500 mbar-Fläche (Abb. 12), 
die auf Grund der graphischen Addition der relativen Topographie zur Boden- 
wetterkarte unter Zugrundelegung der besonders zahlreich vorliegenden Wolken- 
beobachtungen gezeichnet wurde‘), zeigt, daß das über der westlichen Nordsee 
liegende Tief vollständig okkludiert ist und daher eine sehr große Höhen- 
erstreckung und eine geschlossene Zirkulation aufweist. 
Bis zum nächsten Morgen (Abb. 10) ist die Kaltluft besonders über Südwest- 
deutschland weiter vorgestoßen, während in Mittel- (Berlin), Nord- (Hamburg) 
und Ostdeutschland (Königsberg) erhebliche Temperaturzunahme erfolgt ist. Der 
Tiefdruckkern hat sich im Niveau der 500 mbar-Fläche etwa nach Belgien verlagert. 
Leider liegen von diesem Sonntag nur wenige Höhenaufstiege vor, doch 
lassen die vorhandenen wenigstens erkennen, daß der Temperaturgegensatz über 
Süddeutschland in der freien Atmosphäre wesentlich stärker war als weiter im 
Norden: Unterschied der relativen Topographie (Abb. 10) zwischen Hamburg 
und Königsberg nur 6 Dekameter, zwischen Darmstadt und Berlin bereits 
14 Dekameter. Bedenkt man, daß sich diese Zone starken Gegensatzes mit dem 
beginnenden keilförmigen Vorstoß der Kaltluft längs der Alpen, wo schon am 
Vormittag Zugspitzhöhe erreicht wird (Beobachtungen auf der Zugspitze um 
8 Uhr SSE 3, — 9°, um 14 Uhr NNW 5, — 14°) gerade zur deutsch-österreichischen 
Grenze verlagern, während zugleich noch die Advektion der Heißluft afrikanischen 
Ursprungs eine weitere Erwärmung über Ungarn herbeiführen muß, so wird es 
klar, ein welches Ausmaß der Temperatur- und Druckgegensatz in der freien 
Atmosphäre am Abend dieses Tages auf der Südseite des Oder-Tiefs erreicht, 
Infolge der weit vorgeschrittenen Jahreszeit ist die Kaltluft wesentlich 
tiefer temperiert als bei den hochsommerlichen Vb-Depressionen, während 
die intensive Warmluftadvektion deren Wärmeeinhalt nicht viel unter den 
sommerlichen Wert sinken lassen kann. Eine mittlere Temperaturdifferenz von 
15° — entsprechend einem Unterschied in der relativen Topographie 500 über 
1000 mbar von 30 Dekametern — am Abend zwischen Süddeutschland und 
Ungarn ist sicher nicht zu hoch gegriffen, 
Am 30. Oktober erstreckt sich das entstandene Sturmtief (Abb. 14) bereits 
durch die ganze Troposphäre, soweit es die Methode der graphischen Addition 
zu übersehen gestattet. Über Deutschland sind die Temperaturen jetzt weit- 
gehend ausgeglichen, und die Frontalzone ist hier restlos zerstört worden, ihre 
kinetische Energie tritt jetzt in der gebildeten Sturmzyklone in 
Erscheinung. 
Ich hoffe, trotz des Mangels an aerologischen Meldungen den Beweis dafür 
erbracht zu haben, daß eine selten gut ausgeprägte Temperatur- und 
Strömungsdivergenz die Ausbildung dieses Ostsee-Orkantiefs der 
Zugstraße VYb herbeigeführt hat. Wenn der Stettiner Wetterbericht vom 
80. Oktober schreibt, daß ‚,das Tiefdrucksystem, das am Sonntag über Mittel- 
europa zu erkennen war, sich so sehr vertieft hat, daß angenommen werden muß, 
g8 seien Vorgänge in der Stratosphäre mitbeteiligt, da die Zufuhr warmer Mittel- 
meerluft doch wohl nicht allein zu so starker Vertiefung Anlaß geben konnte‘, 
so demonstriert er auf das treffendste den Fehlschluß, daß man bei der Er- 
klärung der Druckgebilde mit der Heranziehung troposphärischer Advektions- 
vorgänge auskommen zu können glaubte. Es zeigt sich aber auch, daß man 
trotzdem nicht nötig hat, die Erklärung ähnlicher Sturmdepressionen auf un- 
bestimmte Zeit — vielleicht bis zur allgemeinen Einführung der Radio-Sonde — 
zu verschieben, sondern daß die dynamischen Gesichtspunkte sehr wohl 
zu einer Lösung des Problems in der Lage sind. 
8. Schlußwort. 
Mit diesem Beispiel wollen wir die Untersuchungen der Vb-Depressionen 
vorläufig abschließen. Es ist jetzt möglich, die dargelegte Divergenztheorie der 
Vb-Zyklonen an Hand der im „Täglichen Wetterbericht“ der Deutschen See- 
1) Die nerologischen Beobachtungon wurden den Wetterberichten der einzelnen Länder und 
für Deutschland den „Aerologischen Berichten“ entnommen,
	        
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