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Full text: Schlußfolgerungen und Empfehlungen aus dem Verbundprojekt MUSTOK und zukünftiger Forschungsbedarf

Die Küste, 75 MUSTOK (2009), 255-265 
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aus 31.800 Realisationen lediglich 21 gewonnen, die extreme Sturmhochwasser für große Teile 
der deutschen Ostseeküste oder regional für die Kieler Bucht, die Mecklenburger Bucht und 
die Pommersche Bucht generierten. Trotz der enormen Fallzahl meteorologischer Wetterent 
wicklungen übertrafen die extremen Wasserstände bei diesen Simulationen nur in der Pom- 
merschen Bucht die im November 1872 aufgetretenen. Daher wurde das Projekt MUSTOK 
um eine Rekonstruktion und Analyse des Sturmhochwassers von 1872 erweitert (Rosen- 
hagen u. Bork, 2009). 
Mathematisch betrachtet ist die Modellierung von Sturmhochwassern der Ostsee die 
numerische Behandlung eines Anfangs-Randwertproblems der Hydrodynamik. Damit ist 
auch klar, dass die Wahl der Anfangs- und Randwerte besonders in Extremfällen - und um 
solche geht es hier - sorgfältig zu bedenken ist. 
Die meteorologischen Randwerte an der Meeresoberfläche werden aus den Atmosphä 
renmodellen eingespeist. Der laterale, offene Rand ist im BSH-Modellsystem weit weg vom 
Untersuchungsgebiet an den Nordrand der Nordsee bzw. an den Westrand des Englischen 
Kanals gelegt. Damit ist gewährleistet, dass Austauschprozesse durch Belte und Sund auch 
bei z. B. meteorologisch bedingten, extremen Wasserstandsunterschieden zwischen Kattegat 
und westlicher Ostsee realistisch abgebildet werden. Den Wasseraustausch beeinflussen auch 
die Gezeiten, die über den Großen Belt in der Kieler Bucht bei Sturmhochwassern Wirkung 
zeigen, während weiter östlich deren Einfluss stark abnimmt. Ein wesentlich vereinfachtes 
zweidimensionales Modell des Nordostatlantiks ist dem dreidimensionalen Modell der 
Nord- und Ostsee vorgeschaltet, so dass auch Fernwellen aus dem Nordostatlantik berück 
sichtigt werden können 
Bei der Wahl der Anfangswerte wurde bei den Simulationen eine Yorlaufzeit von min 
destens 12 Tagen realisiert, um realistische Anfangsbedingungen für die zum Teil sehr kurzen 
EPS-Läufe (Ensemble Prediction System) zu schaffen, insbesondere auch um die „Vorfül 
lung“ abzubilden, deren Bedeutung in der vorliegenden Literatur viel diskutiert wird, ebenso 
wie eine postulierte Schrägstellung der Wasseroberfläche als Ausgangslage für Ausgleichs 
prozesse. 
Die hier benutzten, numerischen Modelle sind Basis der operationeilen Wasserstands 
vorhersage des BSH für Nord- und Ostsee und berücksichtigen alle in der Literatur disku 
tierten potentiellen Ursachen für extreme Sturmfluten bzw. Sturmhochwasser: lokaler und 
überregionaler Wind, statischer Luftdruck, Füllungsgrad der Ostsee, andere Wechselwir 
kungen mit der Nordsee, Ausgleichsprozesse und Gezeiten. 
Insgesamt konnte mit dem hier beschriebenem Modellkonzept des BSH unter Verwen 
dung der modellierten Starkwindfelder das Kollektiv extremer Sturmhochwasser für die 
deutsche Ostseeküste zwar erweitert werden, höhere als bisher schon erreichte Wasserstände 
wurden jedoch nur für die Pommersche Bucht gefunden. Dabei wurde mit einer Simulation 
in Greifswald der bisher höchste, gemessene Wasserstand um 0,55 m überschritten. In Tra 
vemünde blieb der maximale Wasserstand aller betrachteten Realisationen um 0,61 m unter 
dem von 1872 (Tab. 1). Damit stellte sich besonders für die Mecklenburger und Kieler Bucht 
die Frage, was das Sturmhochwasser von 1872 gegenüber den extremen Realisationen ausge 
zeichnet haben könnte. 
Bei der Betrachtung nicht-lokaler Einflüsse auf Sturmhochwasser ist zu unterscheiden 
zwischen einem tatsächlichen Massentransport in die Westliche Ostsee hinein, dem Auflau 
fen winderzeugter, langer Oberflächenwellen z. B. aus der südlichen Ostsee und etwaigen 
Eigenschwingungen des vielzitierten Systems Westliche Ostsee/zentrale Ostsee/Finnischer 
Meerbusen. Zu diesen Themenbereichen wurden eine Reihe von numerischen Experimenten 
durchgeführt. Einmal wurde z. B. die Ostsee mit einer festgehaltenen Einstrom-Wett erläge
	        
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