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Full text: 10, 1882

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Störung deuten mufsten, die für Küste und Binnenland von verheerender Wir 
kung begleitet sein amfste; in den vorhergehenden 12 Stunden war das Baro 
meter gefallen in Shields um 26,9, in Ardrossan um 25,9, in Donaghadeo um 
25,2, in Ilolyhead um 24,9 und in Aberdeen um 22,9mm. 
Der Umstand, dafs die rasche Abnahme des Luftdrucks auf beschränktem 
Gebiete erfolgte, während in weiterer Umgebung des Minimums das Barometer 
allenthalben noch gestiegen war, trug wesentlich dazu hei, die Gradienten 
rasch zu verstärken und so die Heftigkeit des Sturmes in eminentem Grade zu 
erhöhen. 
Zu dieser Zeit lag das Regengebiet im Südosten des Minimums: in einem 
breiten Streifen, welcher sieh vom Kanal nach Nordjütland und weit ins Binnen 
land hinein bis zur Linie Hannover—Karlsruhe erstreckte, herrschte jetzt überall 
Regenwetter, nachdem in der vorhergehenden Nacht auf den britischen Inseln 
überall beträchtliche Niederschlagsmengen gefallen waren (in Aberdeen 26, in 
Liverpool 25mm). Auf der Rückseite der Depression dagegen war, der Regel 
entsprechend, Aufklaren eingetreten. 
Als etwas nach 8 Uhr Morgens die Depression bei Edinburgh vorüber- 
ging, drang die Sonne plötzlich durch die auseinandergehenden und rasch ab 
nehmenden Wolken; jedoch innerhalb einer Stunde trat ein vollständiger Wechsel 
ein; eine niedere Bank dunkler Wolken hatte sich am Nordhorizonte gebildet, 
dann erschien aschgraues, lang Mngczogencs und drohend aussehendes Gewölk, 
immer höher zum Zenith hiuaufstoigcnd. In kurzer Zeit war der Himmel ganz 
bedeckt, und es folgte dann rasch eiue solche Dunkelheit, dafs man bei Gas 
licht die Morgenzeitungen lesen mufste. Beim Vorübergange der Depression 
sprang der Wind mit sinkender Temperatur von SSW nach NNE und steigerte 
sich dann rasch zum vollen Sturme. An der Küste von Berwickshire war die 
Dunkelheit viel gröfscr und unheimlicher; mit ihrem Eintritt brach ein orkan 
artiger Sturm aus, welcher, mit unwiderstehlicher Gewalt Alles vor sieh hin 
werfend, zu einer Höhe heranwuchs, die nach den Urtheilen der Fischer, die 
mit dem Leben davonkamen, und der Beobachter auf dem Lande fast diejenige 
des Orkans vom 24. Januar 1868 erreichte, welcher damals in diesen Distrikten 
grofses Unheil anrichtete. Ich erwähne diesen Vorgang hauptsächlich deshalb, 
weil ich nachher ein ähnliches Phänomen besprechen werde, welches sich an 
der westdeutschen Küste ostwärts bis über die Odermündung hinaus fortpflanzte. 
In Anbetracht der drohenden Gefahr wurde um 1 Uhr Nachmittags das 
Warnungssignal verschärft und in „Südweststurm rechtdrehend“ umgewandelt 
und gleichzeitig auf das vermuthliche „rasche und starke Auffrischen der Winde“ 
ausdrücklich hinge wiesen. Auch das Binnenland wurde von dem hereinbrechenden 
Sturme rechtzeitig unterrichtet, indem für das nordwestliche Deutschland „heftige 
Stürme“ prognosticirt, für Centraldeutsehland voller Sturm und für Ost- und 
Süddeutschland stürmische südliche und südwestliche Winde in Aussicht gestellt 
wurden. 
Am 14. Oktober 2 b p. m. hatte das Minimum die britischen Inseln bereits 
verlassen und lag mit der beträchtlichen Tiefe von 720mm östlich von Shields. 
Hervorzuheben sind die äufserst starken Gradienten auf der Westseite des 
Minimums, indem diese den kleinsten Gradienten (4,5), der im Stande ist, 
stürmische Winde hervorzubringeu, um ungefähr den dreifachen Werth übor- 
trafen; derselbe erreichte nahezu den Werth von 13mm, Auf der Strecke von 
Shields westwärts bis zur Irischen See, stieg der Luftdruck um etwa 12 l /gmm an. 
Fast ebenso bedeutend waren die Luftdnickdifferenzen nach dem Kanal hin. 
Dem entsprechend waren auch die aufserordentlich heftigen orkanartigen 
und verheerenden Stürme an der englischen und schottischen Küste und am 
Kanal. Der Sturm wehte in der Nacht vom 13. auf den 14., insbesondere aber 
am 14., von heftigen Regengüssen begleitet. In London nahm der Sturm zu 
weilen den Charakter eines tropischen Orkans an; Schornsteine und Gerüste 
wurden niedergeweht, Bäume entwurzelt, Telegraphenleitungen zerstört, viele 
Schiffbrüche fanden an der Küste statt, und leider sind bedeutende Verluste au 
Menschenleben zu beklagen. Die Themse glich stellenweise einer bewegten See 
und entsandte dichte Wasserstrahlen über Brücken und landende Schiffe, während 
an manchen Stellen der Wasserstand so niedrig war, dafs der Dampfbootdienst 
eingestellt werden mufste.
	        
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