Karl G r i p p : Entstehung und künftige Entwicklung der Deutschen Bucht
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es nahe, die Außerdienststellung jenes Blidseltiefs mit der zweiseitigen Einengung des zugehörigen
Wattabschnittes in Zusammenhang zu bringen (Abb. 25). Die Schließung des Blidseltiefs kann all
mählich unter gleichzeitiger Größenzunahme
des Lister Tiefs geschehen sein. Es erübrigt sich
somit, eine Zeit der Hebung für die Schließung
des Blidsel-Tiefs in Anspruch zu nehmen.
Weiterhin zeichnet sich das Bild ab, daß
mit abnehmender Tide-Wassermenge in einem
Gesamt-Wattgebiet die vorgelagerte Inselreihe
ihre Durchbrechungen mehr und mehr verliert,
so daß schließlich, wenn ein Angleichen des
Wasserstandes im ehemaligen Wattgebiet an die
Wasserstandsschwankungen im Meere ganz
fortfällt, auch hier gleichsam eine
Nehrung entstehen kann. Diese
allerdings kein offenes Haff, sondern ein von
Marsch und Moor erfülltes Gebiet gegen das
Meer ab.
10. Sandzufuhr und „Küstensenkung“
Nachdem vorstehend auseinander gesetzt
worden ist, daß die Entwicklung der Deutschen
Bucht dahin geht, sowohl die randlichen Un
ebenheiten als auch den ganzen inneren Teil
derselben, soweit er über den Verlauf eines
etwaigen Küstenbogens hinausgreift, aufzu
füllen, bleibt die Frage zu erörtern, wie weit
diese Entwicklung durch die sogenannte Küsten Senkung beeinflußt wird.
Es ist eindeutig belegt, daß in dem Gebiet der östlichen Nordsee der Meeresspiegel nach dem
alluvialen Vordringen des Meeres stark angestiegen ist. E. Dittmer (1938) schloß aus den Ab
lagerungen in Dithmarschen, daß dieser Anstieg anfangs schnell vor sich ging (1 m im Jahrhun
dert), später jedoch immer geringer wurde. Diese relative Senkung konnte aber von der Sediment
zufuhr übertroffen werden wie die Höhenlage aller Seemarschen bezeugt. Land unterhalb von NN
findet sich heute so gut wie ausschließlich in den Tälern der großen Ströme als sogenanntes
Sieth-Land.
Das relative Absinken des Meeresbodens bzw. die Zunahme der Meerestiefe ist ein die Sand
zufuhr mindernder Umstand, da die Eintiefung, wie auf S. 17 auseinandergesetzt wurde, die wich
tigste Ursache der Mobilisierung des Sandes ist. Da die randliche Versandung trotz der entgegen
gesetzt wirkenden Landsenkung vor sich gegangen ist, muß sie als das wirksamere der beiden erd
geschichtlichen Ereignisse angesehen werden.
geschlossene
trennt dann
|«jcjcjcl Glacialdiiuvium
I !• :• :| Tide-Nehrung |:: •• := | Marsch
Abbildung 25
Die zweiseitige Verengung des Nord-Sylter reifen Wattes
durch Ostwärts-Verlagerung von List-Land und Anlandung
im Osten ließ das ehemalige Blidsel-Tief versanden und das
ganze Watt-Gebiet durch das Lister-Tief entwässern.
Zeichnung schematisch.