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Full text: 62/63, 1942/43

30 Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte usw. — 62. Band Nr. 8b. Semmelhack-Reihe: Abkdlg. 4. 
Daß er sein Deutschtum den englischen Anmaßungen gegenüber hochhielt, gereicht ihm 
zur hohen Ehre. Seine Errungenschaften sollten beiseite geschoben werden, weil sie nicht in 
die augenblicklich betriebene englische Politik paßten und überflüssig erschienen. Deshalb ver 
ließ er England, „das undankbare Land“, nach Vollendung seines Reisewerkes am 21. August 
1858. „Man lasse die Engländer nur einige Erfahrungen auf ihr eigenes Risiko hin machen, sie werden 
bald reichlich Gelegenheit finden, einzusehen, welcher Unterschied zwischen nichtigem Schein und aufrich 
tigen Bemühungen liegt.“ „Ich traue der englischen Politik nicht“, schrieb er an seinen Schwager 
G. von Schubert, und immer wieder klagte er „diese Baumwollheuchler“ an. 
Barth war darauf bedacht, das von ihm begonnene Forschungswerk durch andere Afrika- 
reisende weiterführen zu lassen. Es war sein Wunsch, die letzten Schicksale von Eduard 
Vogel durch Aussendung einer Expedition aufzuhellen und seine Papiere zu retten. Dabei 
sollte die Erforschung cles Gebietes zwischen Nil und Tschadsee durchgeführt werden. Die 1861 
ausgesandte Expedition, für die in Deutschland 22 000 Taler gesammelt worden waren, wurde 
zu einem nationalen, alle Kreise berührenden Unternehmen. Sie wurde dem Württemberger 
von Heuglin anvertraut (Begleiter: Steudner. Kinzelbach und Munzinger), aber sie erfüllte 
infolge ihres Reiseweges, der von Barths Vorschlägen abwich, nicht dessen Erwartungen. 
Von Heuglin wendete sich den Bogosländern uucl Abessinien zu und wurde im Februar 1863 
von Barth zurückberufen. Sachgemäßer geleitet, aber ebenfalls erfolglos, verlief die von Barth 
direkt beeinflußte, von Tripolis ausgehende Expedition von Moritz von Beurmann, der 
nach der Erreichung von Kuka in der Landschaft Kanem auf dem Wege nach Kanern den 
Tod fand. Eine dritte Expedition, deren geistiger Urheber Barth allein war, wurde von Karl 
Klaus von der Decken geleitet und führte 1861 in die Gebirgsländer cles späteren Deutsdi- 
Ostafrika. Nachdem fast gleichzeitig mit Barth 1848—1852 die deutschen Missionare K r a p f 
und Rebmann clen Nyassa-See und Kilimandscharo, 1858 Sp eke den Viktoria-See gefun 
den hatten, erstieg der Hannoveraner von der Decken mit Otto K ersten 1862 clen 
Kilimandscharo bis 4000 m Höhe und rüstete 1865 eine große Expedition zur Erforschung ost 
afrikanischer Küstenflüsse aus. Aber die Expedition wurde von Somalis überfallen und von 
der Decken mit der Mehrzahl seiner Begleiter nieclergemacht. Es geschah 6 Wochen vor dem 
Tode Barths, der von diesem Ausgang nichts mehr erfahren hat. Otto Kersten hat das Reise 
werk von der Deekens herausgegeben. 
Aber auch sonst hat Barth befruchtend auf die Afrikaforschung eingewirkt. Ja, das Jahr 
zehnt vor seinem Tode beendet in der Entdeckungsgeschichte des dunklen Erdteils eine der 
erfolgreidisten Perioden. Die meisten Afrika-Forscher wurden von Barth beeinflußt, und er 
stand ihnen mit seinen Ratschlägen und Erfahrungen zur Seite. Mit vielen war er auch per- 
sönlidi bekannt. 
Bei aller Würdigung der Kritik erblicken wir in Heinrich Barth einen der be 
deutendsten, wenn nicht den erfolgreichsten Afrikaforscher überhaupt. 
Sein Leben wird immer zu den anziehendsten Abschnitten in der Geschichte der Mensdi- 
heit zählen. 
G u s t a v N a c h t i g a 1 erklärt im Vorwort zu seinem dreibändigen Reisebericht „Sahara 
und Sudan. Ergebnisse sechsjähriger Reisen in Afrika“ (Leipzig 1879—1881, Leipzig 1889), daß 
er sich Heinrich Barth zum Vorbild genommen habe, da sie beide mit gleichen inneren und 
äußeren Sdrwierigkeiten zu kämpfen hatten und das Forschungsgebiet der beiden Forsdter 
zum kleineren Teile zusammenfiel, zum größeren Teile benachbart war. 
Nachtigal wurde am 25. Februar 1834 in Eichstedt (Altmark) geboren. Er war Militärarzt 
in Kölrt. 1863 ging er aus Gesundheitsrücksichten nach Algerien und später nach Tunis und 
überbrachte dem Scdtan von Bornu die Geschenke cles Königs von Preußen, die ein Zeichen 
des Dankes für die clen deutschen Sudan-Reisenden erwiesene Unterstützung sein sollte. 
Im Jahre 1869 zog Nachtigal von Tripolis nach Mursuk (Tafel 6). Hier mußte er die Reise 
unterbrechen, weil unruhige Wüstenstämme eine Grenzsperre verursacht hatten, so daß monate 
lang kein Karawanenanschluß zu finden war. Er traf mit cler reichen Holländerin Alexine
	        
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