Kurt Gebauer:
Die Erschließung Afrikas
und die dabei erzielten wissenschaftlichen Ergebnisse.
Nachdem die großen Reiseschilderer des 16. Jahrhunderts fast keine Leser mehr fanden,
machten sich im 17. Jahrhundert Spuren eines tieferen Naturgefühls bemerkbar, und die Be
obachtungen der Reisenden zogen die Folgerungen aus dem Aufblühen der Wissenschaft. Die
Regierungen gingen mit der Entsendung wissenschaftlicher Forschungsexpeditionen
voran, und in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde der wissenschaftliche Reisende gefor
dert. Kant wandte sich gegen das Überwuchern eines breiten aber nicht tiefen sentimentalen
Reisegeplauders. Ludwig Burckhardt sagte: „Um einen Roman zu schreiben, habe ich mich
nicht so manchen Gefahren und Beschwerden bloßgestellt.“
Besonders die Afrikaforschung hat der Welt Literaturwerke geschenkt, die zu den vorzüg
lichsten im Fache der Reisebeschreibung, der Länder- und Völkerschilderung gehören. Das
große fünfbändige Werk von Bruce über Abessinien und Nubien ist in England dreimal auf
gelegt und vollständig und im Auszug ins Deutsche und Französische übersetzt worden, ln
den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde die Missionsreise von Livingstone von
jedem Gebildeten gelesen, aber die Werke von Barth. Sch weinfurth, Nachtigal
und Rohlfs charakterisierten die Verbindung von wissenschaftlicher Gründlichkeit mit lite
rarischer Befähigung und Sorgfalt, ohne daß ihnen das Spannende zahlreicher Abenteuer fehlte.
Auch der Franzose Duveyrier und der Elsässer Binger haben sich wahre Verdienste er
worben. „Die meisten englischen Reisenden sind nicht so gründlich vorgebildet und so bedacht
gewesen, der Geographie zu nutzen“ (F. Ratzel), wenn auch z. B. Darwin, Hooker und
Wallace eine ausgezeichnete Beobachtungs- und Darstellungsweise besaßen.
Es soll in den folgenden Ausführungen versucht werden, einige der hervorragendsten
Afrikaforscher aus der großen Zahl von verdienten und bedeutungsvollen Männern herauszu
greifen, ihr Leben kurz zu schildern und danach die Ziele ihrer Forschungsreisen, ihre Reise
wege und ihre wissenschaftlichen, besonders ihre meteorologischen Ergebnisse zu kenn
zeichnen. Die beigegebenen Karten sind von Frau Rautenberg nach den Originalen ge
zeichnet.
Die Auswahl der Forscher ist dabei recht schwer gewesen, da nur einige der ganz großen
Afrika-Reisenden herausgegriffen werden konnten, deren Leistungen und Entdeckungen für
immer höchst erhebend bleiben werden und auf das tiefste unser Mitgefühl erregen. Die ganze
Arbeit bleibt deshalb mehr ein Entwurf.
Unter H ein rieh dem Seefahrer haben die Portugiesen im 15. Jahrhundert die
Westküste Afrikas bis zum Golf von Guinea erforscht, um auf diesem Wege Handels
beziehungen mit Indien anzubahnen. Im Aufträge der portugiesischen Regierung unternahm
Diego Cäo zwei Reisen. An der zweiten nahm auch der junge Nürnberger Kaufmann
Martin Behaim, ein Schüler des großen Astronomen Johannes Müller (Regiomontan), teil.
Diego Cäo und Martin Behaim waren 1484 in der Guineabucht. 1485 an der Mündung des Kongo,
den sie ein Stück aufwärts fuhren, und am Kap Croß, wo sie nahe dem 22°S.Br. den südlich
sten Punkt ihrer Fahrt erreichten und nach einer Abwesenheit von 19 Monaten nach Portugal
zurückkehrten.
Als Martin Behaim, der sich mit einer angesehenen Portugiesin verheiratet hatte, und auf
der Azoreninsel Faval lebte, in den 90er Jahren ein Jahr lang in Nürnberg weilte, stellte er
seinen berühmten „Erdapfel“, den ersten wirklichen Erdglobus, her.
Ein älterer Vetter des Großen Kurfürsten, Herzog Jakob von Kurland, muß als
der Begründer der deutschen Kolonialpolitik bezeichnet werden. 1659 hatte er die Regent
schaft von Kurland übernommen und wurde 3 Jahre später nach dem Tod seines Oheims
Herzog von Kurland. Er baute systematisch eine Seemacht auf. und schon 1645 fuhren seine