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Full text: 61, 1941

W. Horn: Die astr. Grundlagen des harmon. Verfahrens usw. 
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"I, Das harmonische Verfahren zur Berechnung der Gezeiten ist bisher von einigen Ländern auch zum 
Gebrauch an Bord eingeführt worden. In den zu diesem Zweck hcrausgegebenen Tafeln kann im allgemeinen 
des beschränkten Raumes wegen nur die Handhabung des Verfahrens erläutert werden, während auf eine ein 
gehende Begründung verzichtet werden muß. Von nachdenklicheren Benutzern der Tafeln und vor allem im 
Hinblick auf den Unterricht an den verschiedenen Schulen wird daher besonders eine Erläuterung des Zu 
sammenhangs des Verfahrens mit den geläufigen Grundbegriffen der Astronomie und eine anschauliche Deu 
tung der einzelnen Tiden vermißt. Diese Darstellung soll an die Grundlagen möglichst in der Form, in der 
sie von den wissenschaftlichen Instituten bei der Gezeitenvorausberechnung angewandt werden, mit Angabe 
der Zahlenwerte und ihres Zustandekommens heranführen. 
Das in Frage kommende deutsche Schrifttum ist sehr knapp. Zunächst sind zwei in früheren Jahrgängen 
der „Annalen der Hydrographie usw.“ erschienene Arbeiten von Borgen 1 ) und von van der Stok 2 ), diese bear 
beitet und übersetzt von Herrmann, zu nennen. Die ersten Abschnitte der Abhandlung von Borgen, in denen 
er D a r w i n s harmonische Analyse der Gleichgcwichtsgezeit mit Airys „Wellentheorie“ für Kanäle ver 
band, verdienen als gründlichere Einführung und um ihrer Bedeutung für die deutsche Gezeitenwissenschaft 
willen auch heute noch gelesen zu werden. Borgen schreibt als Astronom für Astronomen, wie fast alle 
grundlegenden Abhandlungen zu Fragen der Gezeitenvorausberechnung geschrieben sind, und setzt daher 
einige, nämlich alle gerade erforderlichen Kenntnisse aus der Lehre von den Bewegungen der Erde um die 
Sonne und des Mondes um die Erde voraus. Gewisse Abschnitte seiner Arbeit sind daher im allgemeinen 
weder dem Ozeanographen noch dem Navigationslehrer ohne Mühe verständlich. Außerdem verwendet er 
heute veraltete astronomische Unterlagen und bezieht insbesondere nach dem Vorgänge Darwins die den 
Mond betreffenden Größen auf die Mondbahn, während neuerdings im Anschluß an D o o d s o n 3 ), der von 
der Theorie der Bewegung des Mondes von Brown ausgeht, die Ekliptik als Bezugsebene gewählt wird. 
Van der Stok schließt wie Borgen an Darwins Art der Entwicklung an. Seine Arbeit steht, wie 
auch ihr Titel besagt, Borgens Abhandlung an Strenge wesentlich nach, stellt aber eine sehr geschickte, 
vielseitige und leicht verständliche Einführung in die Grundlagen des harmonischen Verfahrens dar. Für den 
hier betrachteten Zweck ist sie nicht eingehend genug. 
Rauschelbach hat in einer Arbeit 4 ), die bisher anscheinend die einzige auf Doodsons Ergeb 
nissen weiterbauende geblieben ist, dessen Entwicklung zur Grundlage der harmonischen Analyse von Ge 
zeitenbeobachtungen und einer Untersuchung der Seichtwassertiden gemacht. Diese Arbeit enthält, allerdings 
mit Ausnahme der langperiodischen Tiden und der sog. geodätischen Funktionen, den ausführlichsten Aus 
zug aus Doodsons Tidenverzeichnis. Die Art und Weise, wie die Entwicklungen von Darwin-Börgen 
und D o o d s o n zustande kommen, wird nur kurz gestreift. Den einzigen zusammenhängenden Bericht über 
Doodsons Ergebnisse mit einer knappen Zusammenstellung und Erläuterung der astronomischen Grund 
lagen, einem ziemlich umfangreichen Tidenverzeichnis, in dem auch die langperiodischen Tiden und die geo 
dätischen Funktionen angegeben sind, sowie einer angenäherten Ableitung der wichtigsten Tiden hat Bartels 
in einem sehr klar aufgebauten Artikel über „Gezeitenkräfte“ in Gutenbergs „Handbuch der Geophysik“ 
gegeben. Diese angenäherte Ableitung einzelner Tiden läßt allerdings nicht ohne weiteres erkennen, wie die 
vollständige Entwicklung des Potentials zu gewinnen ist. Der Beschränkung auf die Gezeitenkräfte ent 
sprechend, die sehr ausführlich behandelt werden, sind ferner einige für die Anwendung auf die Ge 
zeiten des Meeres wichtige Fragen nicht behandelt und wird dementsprechend z. B. die Arbeit von 
Rauschelbach überhaupt nicht erwähnt. Die Zusammenstellung der astronomischen Grundlagen ent 
hält nur das unbedingt Nötige. 
Diese Grundlagen haben allgemeinere Bedeutung, da auf ihnen auch die Berechnung der Sonnen- und 
Mondephemeriden, die in den verschiedenen Jahrbüchern gegeben werden, beruht. Eine kurze, zusammen 
fassende Einführung in dieses Teilgebiet der sog. klassischen Astronomie, die wirklich alles zum Verständnis 
von Gezeitenuntersuchungen und -Vorausberechnungen Gebrauchte einschließlich der wichtigsten Zahlenwerte 
enthält, scheint es in deutscher Sprache nicht zu geben, während die Ergebnisse der neueren Astrophysik 
Gegenstand zahlreicher Berichte sind. Die folgende stark erweiterte Ausarbeitung eines Vortrags beim Marine 
observatorium Wilhelmshaven vor Navigationslehrern der Marineschule Mürwik, in der eine solche Einfüh-
	        
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