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Full text: 61, 1941

W. Horn: Die astr. Grundlagen des harmon. Verfahrens usw. 
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noch die Lage der beiden Grundebenen, auf die die Koordinaten bezogen sind, mit angegeben wird. Meist 
werden die Koordinaten auf die Lage der Ebenen zu einer bestimmten angegebenen Zeit, durch die sie dann 
eindeutig festgelegt ist, bezogen. Dies wird dann so ausgedrückt, daß der Ort des Gestirns in bezug auf ein be 
stimmtes Äquinoktium angegeben ist. Wird von dem wahren Äquinoktium zu einer bestimmten Zeit der 
Betrag der Nutation in Abzug gebracht, so wird das sog. mittlere Äquinoktium zu dieser Zeit, das also ein ge 
dachtes Äquinoktium ist, erhalten. Außer dem mittleren Äquinoktium zur Beobachtungszeit wird noch viel 
fach das mittlere Äquinoktium zu Beginn des betreffenden Jahres, genauer zu Beginn des nach B e s s e 1 als 
annus fictus bezeichneten Jahres, das weiter unten erklärt wird, verwendet; es wird z. B. für das Jahr 1900 
als das mittlere Äquinoktium 1900.0 bezeichnet. Sämtliche vorstehend erwähnten säkularen Bewegungen gehen 
übrigens nicht genau gleichförmig vor sich. Die jährliche sog. allgemeine Präzession in Länge z. B. beträgt nach 
Ne wc o mb 5 ) p = 50*2564 4- 0*0222 T, 
wo T in tropischen Jahrhunderten (siehe unten) von der Epoche 1900.0 ab gerechnet ist. Die Zahlenwerte 
säkularer Bewegungen müssen durch sorgfältige Bearbeitung und Ausgleichung zahlreicher möglichst genauer 
Beobachtungen abgeleitet werden. Solche Beobachtungen sind im allgemeinen nur über etwa 150—200 Jahre 
vorhanden, also über eine vergleichsweise sehr kurze Zeit. Nur im Falle der Mondbewegung bilden die 
Beobachtungen totaler Sonnenfinsternisse aus dem Altertum eine sehr wertvolle Ergänzung neuerer Messungen. 
Der Ort am Fixsternhimmel, an dem ein Gestirn einem Beobachter zu stehen scheint, kurz der schein 
bare Ort des Gestirns genannt, ist noch beeinflußt durch die Parallaxe des Gestirns und seine Aberration. 
Die Aberration ist der Bogen, um den das Gestirn verschoben erscheint, weil die Geschwindigkeit des mit 
der Erde in ihrer Bahn bewegten Beobachters in einem endlichen Verhältnis zur Lichtgeschwindigkeit steht; die 
Parallaxe ist der Bogen, um den der Ort des Gestirns dadurch verschoben erscheint, daß der Beobachter sich 
nidit im Erdmittelpunkt, sondern an der Erdoberfläche befindet. 6 ) Wird der scheinbare Ort um die Parallaxe 
und die Aberration verbessert, so wird der sog. wahre Ort erhalten. Wird noch die Nutation abgezogen, so 
wird der sog. mittlere Ort des Gestirns erhalten, und zwar zunächst bezogen auf das augenblickliche mittlere 
Äquinoktium. 
Nach diesen Bemerkungen zur genauen Begriffsbestimmung der Koordinaten kann die Darstellung der 
Sonnen- und Mondbewegung in bezug auf die Ekliptik wiederaufgenommen werden. 
3, Es möge zunächst die Sonne betrachtet werden, deren Breite stets so gering ist, daß sie für die hier 
verfolgten Zwecke gleich null angenommen werden kann. Bei Gezeitenuntersuchungen können ferner die kurz 
periodischen Störungen unberücksichtigt bleiben, die von den übrigen Körpern des Sonnensystems auf die Be 
wegung der Erde in ihrer Bahn ausgeübt werden und die entsprechende Störungen der scheinbaren Sonnen 
bewegung verursachen. Die restlichen Störungen können als säkulare Änderungen der Bahnelemente aufgefaßt 
werden. Es handelt sich also nunmehr darum, die Bewegung der Sonne in einer elliptischen Bahn um die Erde, 
wie sie von dieser aus erscheint, darzustellen. Diese Bahnellipse wiederum hat eine veränderliche, z. Z. lang 
sam abnehmende Exzentrizität und führt eine langsame Drehung in ihrer Ebene aus. Um ihre Lage zu be 
zeichnen, wird die Länge ihres sog. Perigäums angegeben, das ist der von den beiden Schnittpunkten der großen 
Bahnachse mit der Bahn, in dem die Sonne der Erde am nächsten steht. 
Auf Grund des zweiten Kepler sehen Gesetzes nimmt die Länge der Sonne in ihrer Bahn nicht gleich 
mäßig mit der Zeit zu. Es wird jedoch als Hilfsgröße eine sog. mittlere Länge der Sonne h eingeführt, die 
bis auf säkulare Beschleunigungen diese Eigenschaft hat und im Mittel mit der Länge der Sonne überein 
stimmt. Entsprechend wird eine mittlere Länge des Sonnenperigäums p 0 eingeführt. Nach Newcomb’) 
gelten für h und p 0 , befreit von der Aberration und bezogen auf das mittlere Äquinoktium zur Zeit T, 
sowie für die Schiefe der Ekliptik t, folgende Potenzreihenentwicklungen: 
h — 279° 41'48:04 + 129 602 768:13 T + 1*089 T 2 , 
(4) p 0 = 281°13'15r0 + 6 189*03 T + 1*63 T 2 + 0:012 T 3 , 
s — 23® 27' 8f26 — 46*845 T — 0:0059 T 2 + 0:00181 T 3 . 
Zur Ableitung dieser Werte hat Newcomb etwa 40 000 Sonnenbeobachtungen, die über 140 Jahre verteilt 
sind, benutzt. Die Differenz h — p 0 , die als mittlere Anomalie bezeichnet und bei den folgenden Entwick 
lungen gebraucht wird, hat nach (4) den Wert 
(5) h — p 0 — 358° 28' 33:0 + 129 596 579:10 T — 0:54 T 2 — 0:012 T 3 .
	        
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