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Full text: 60, 1940

Joachim B lût h gen: Geographie der winterlichen Kaltlufteinbrüche in Europa. 9 
versetzt wurde, die mittleren Witterungszustände der einzelnen Länder aufzubellen, mußte der 
Versuch einer dynamischen Untersuchung naturgemäß noch abseits bleiben. L o o m i s hat ver 
sucht, durch vergleichende Betrachtung aller synoptischen Beobachtungswerte der Ein/.el- 
elemente, wozu ihm die ersten Wetterkarten der USA. Anreiz und erste Handhabe boten, den 
Vorgängen im Luftraum nachzugehen. Freilich war die Grundlage dafür noch lückenhaft, so 
daß L. zu Fehlschlüssen gelangte. Uns interessieren hier nur seine Bemerkungen zu den Kalt 
luftvorstößen. So äußert er z. B. über das Zustandekommen der Kälteperiode vom 27. Dezember 
1872 bis 27. Januar 1873 (S. 53. Sperrungen von mir): „J'en conclus, par conséquent, que le 
froid intense qui sévit, durant cette période, sur les Etats-Unis, à LE des Montagnes Rocheuses, 
reconnaissait pour cause principale l’air froid descendu des régions supérieures 
de l’atmosphère, sous l’influence de la haute pression." Dieser falschen Auffassung vom 
Niedersinken kalter Luft aus der freien Atmosphäre unter Hochdruckeinfluß begegnen wir in 
seinen weiteren Ausführungen immer wieder. Aber wie in Vorahnung der tatsächlichen Strö 
mungsverhältnisse bei einem Kaltlufteinbruch läßt er noch eine andere Erklärungsmöglichkeit 
offen, ohne jedoch selbst von ihrer Richtigkeit überzeugt zu sein (ebenda): „La seule autre 
explication qu’il m’ait paru possible d’invoquer pour ce phénomène, c’est que ce froid aurait 
été le résultat cl’un courant cl’air passant rapidement le long de la surface du sol, venant 
d’une latitude t r è s s e p t e n t r i o n a 1 e , et apportant avec lui le froid de la 
région dont il partait. J’admets que, durant la période en question, les vents du N aient 
pris une extension inusitée, mais alors ces vents auraient élevé le baromètre etc....” Von dieser 
unbeabsichtigt richtigen Definition eines bestimmten Kaltlufteinbruches nimmt dann L. aber sofort 
Abstand, sicher nur auf Grund der Lückenhaftigkeit des Materials, das ihm zur Verfügung stand. 
Auch in anderer Form finden wir in diesen Zeiten Hinweise auf eine mehr dynamisch 
orientierte Klimabetrachtung. So verdanken wir Leisse rencde Bort (1883 [bj ) aus Anlaß der 
Besprechung des Winters 1879 eine Klassifikation der Winter Europas, wobei be 
stimmte Luftdrucklagen herangezogen wurden, welche dann hinsichtlich der resultierenden 
Luftströmungen weiter analysiert wurden. Dabei spielte entsprechend der Einstellung der 
damaligen Forschungsrichtung die Anomalie einzelner Elemente eine wichtige Rolle. Auf diese 
wichtige Früharbeit zum Problem der Kaltlufteinbrüche über Europa werden wir noch in 
anderem Zusammenhänge zurückkommen; die Wintertypen Leis serene de Borts wurden 
durch O. Fink (1936) bestätigt und ergänzt. 
Lange bevor innerhalb cler Meteorologie und Klimatologie sich eine luftkörpermäßige Be 
trachtung entwickelte, führten Untersuchungen eines Grenzgebietes, der Meteor ob iologie. 
zu Ergebnissen, denen die Vorstellung von Luftkörpern und den damit verbundenen Vorgängen 
im Luftraum unbewußt zugrunde lag. Diese Arbeiten gingen von der Medizin aus, konnten 
aber bei dem damaligen Stand unseres Wissens von seiten der Meteorologie nicht die erforder 
liche Hilfestellung bekommen, welche die Meteorologen und Klimatologen heute zu geben in 
der Lage sind. Die Tatsache cler relativ frühzeitigen Einführung des Begriffes eines Luftkörpers 
oder einer bestimmten Luftströmung zeugte gerade bei diesem Wissenszweig von cler Not 
wendigkeit einer komplexen Betrachtungsweise, welche medizinischer Forschung seit jeher in 
besonderem Maße eigen ist. Eine solche, gewissermaßen prophetische Andeutung luftkörper- 
klimatologischer Bet rach tungs we i se besitzen wir bereits von Ackermann aus dem Jahre 
1854. Es ist für den Stand unseres damaligen dvnamisch-k 1 imatologischen Wissens bezeichnend, 
daß von diesen Fachleuten, welche meist Mediziner, aber nicht Meteorologen waren, clie Wind 
richtung als Test für verschiedene Luftmassen herangezogen wurde. Es geschieht dies sogar 
noch in modernen Büchern dieser Art, welche von Medizinern geschrieben wurden. Die Wind 
richtung spielte ja auch bei Dove eine wichtige Rolle bei der typenmäßigen Zuordnung eines 
Luftstromes, und die Windrichtung ist schließlich auch von den Vertretern der Isobarenmete 
orologie als wichtiges unterscheidendes Witterungskennzeichen herangezogen worden. Wir 
wissen nun. und werden später genügend Beispiele dafür bringen, daß dies, schematisch an 
gewandt, allzu leicht zu Irrtümern führen kann, wenn man nicht stets synoptisch vorgeht. Frei 
lich wird man dadurch die Regel bestätigt finden, daß clie Windrichtung das Hauptkennzeichen 
eines bestimmten Luftmassentransports ist. Darauf hat W. Koppen schon früh (1874) hinge
	        
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