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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums, — 59. Band. Nr. 10.
c) Die Sturmtiefbildung vom 5. bis 6. F ebrtiar 1937
Zur Untersuchung dieses Falles regte der anschauliche Bericht an, den Kapt. Gustav Schröder (13)
vom Durchfahren der Sturmzyklone gegeben hat, und es ergab sich, daß auch sie auf ein Dreimasseneck
zurückging. D. „Kyphissia“, den Kapt. Schröder führte, passierte am 6. und 7. Februar bei 36° N Br.,
54° W Lg. unmittelbar das Zentrum des Sturmtiefs, das die ostwärts dampfende „Kyphissia“ überholte.
Aus Schröders Schilderung des Wetterablaufs ergibt sich — was dieser auch selbst betont —, daß
das Tief durchaus den Charakter eines tropischen Wirbelsturms hatte: schwerer Südoststurm
(bis Stärke 11) mit wolkenbruchartigem Regen und Schwergewitter auf der Vorderseite, dann windstilles
Zentrum mit Aufheiterung, nach dessen Durchzug wieder Regen und Gewitter (beides weniger stark) und
aufkommender Nordweststurm.
Abbildung 32 gibt den Luftdruckgang auf 1). „Kyphissia“ (ausgezogene Kurve), wobei anzumerken ist,
daß die Kurve infolge des Ostkurses des Dampfers auseinandergezogen ist: in Wirklichkeit, für einen erd
festen Punkt, hat also der Drucktrog wesentlich steilere Flanken (und eine wesentlich schmalere Sohle).
i.M.wjr Ts.mr
= Luftdruckverlauf auf D. „Kyphissia“ (uni 36° N Br., 54® W Lg.)
— — — = seit 5. II.. S3* 1 , aufgefüllter zentraler Drucktrichter
(D. „Borinquen“ in 36° N Br.. 72° W Lg.)
Abi». 32: Luftdruckgang bei dem quasitropischen Orkan bei den Ber-
müden vom 5.—-7. Februar 1937
Abb. 33: Strömung um das Zy
klonenzentrum (K — K “ Kon-
vergenzlinie)
Um diese Zeit, vom 6. auf den 7. Februar, wo beiderseits des Zyklonenzentrums noch schwerer bis orkan
artiger Sturm herrscht, ist aber bereits eine Auffüllung des zentralen Drucktrichters gegenüber dem
Vortage erfolgt.
Aus der Tabelle „Ocean Gales und Storms“ in M. W. R. (53, S. 88) ist zu entnehmen, daß D. „Borinquen“
am 5. Februar, 23 h , in 35.9° N Br., 71.8° WLg. einen Tiefstdruek von 2 8.63 Zoll ~ 969.5 mb verzeichnete
(bei Nordwestorkan, Stärke 12). Die „Kyphissia“ würde also, wenn sie 18 Längengrade weiter westlich
mit dem Zentrum Bekanntschaft gemacht hätte, etwa den in Abbildung 32 gestrichelten Druckverlauf
bekommen haben. Man sieht aus der Abbildung, daß dieser Luftdrucktrichter von 970 mb sich zwanglos
ergibt, wenn man die Schenkel des Drucktales der „Kyphissia“ — über die Abflachung im Stillen Zentrum
hinaus •— verlängert.
Das junge Druckwellental des Orkans hat also V-Forin, das ältere zeigt Übergang zur U-Form,
wobei dann die Sohle des legieren — entsprechend der Angabe von Kapt. Schröder — zugleich das
windstille Zentrum darstellt. Dieses, das „Auge des Orkans“, wäre demnach eine spätere Erscheinung
in der Sturmzyklone und entspräche einem AuffüllungsVorgang im Wirbelinncrn. Hiermit stimmt
überein, daß D. „Borinquen“ zur Zeit des tiefsten Barometerstandes, wo er direkt am Tiefzentrum gestanden
haben muß, nicht etwa Windstille, sondern Orkan aus Nordwest hat (53, a. a. 0.).
Das „Auge“ prägt sich übrigens auch bei dem im vorigen Kapitel behandelten Orkan vom Januar 1938
aus, allem Anschein nach auch hier aber erst im späteren Verlaufe. Drei Schiffe, die in der Zeit von 0 h bis
1 l h MGZ des 14. Januar 1938 am Tiefzentrum sind, haben zur Zeit des tiefsten Barometerstandes Wind
stärken 9 bis 12, dagegen haben vier Schiffe, die vom 14. Januar, 12 h MGZ, bis 15. Januar, 17 h MGZ, dem
Zentrum anliegen, folgende Windstärken zur Zeit des Tiefstdruckes: SO 6, NO 2, 0 2, S5 — bei maximalen
Windstärken weiter ah vom Zentrum von OSO 11. N11, OSO 10, NNO 10 (52, S. 226) (54, S. 24).