Erwin Balcke: Untersuchung abnorm hoher Temperaturen in Norddeutsclilanrl. 31
am meisten in 1000 m (3.9°). Die spezifische Feuchtigkeit nimmt nur ganz wenig zu, etwa um 0.5 g; das
entspricht einer Abnahme der relativen Feuchtigkeit. Zum Haupttag tritt die stärkste Erwärmung in 500 m
ein (3.6°); über 2000 m wird die Erwärmung kleiner als 2°. Die Inversion, die am Vortag bereits schwach
ausgebildet war, tritt stark hervor. In 1000 m Höhe herrscht noch die gleiche Temperatur wie am Boden.
Das kann man nicht einfach als nächtliche Strahlungsinversion bezeichnen, sondern es ist eine typische Hoch
druckinversion. Außerdem haben wir ja gesehen, daß die Bewölkung am Haupttag größer ist als am
Vortag; hier müßte also die nächtliche Ausstrahlung weniger wirksam sein als am Vortag. Der Tem
peraturanstieg vom 2. Vortag zum Haupttag ist am Boden selbst am geringsten, nämlich 3.4°. Daß es sich
hier um dynamische Erwärmung handelt, schlossen wir bereits auf Seite 28 aus den schwachen Höhen
winden, die in 1500 m nur 6 bis 7 m/sek. betragen. Die 3 zyklonalen Fälle und einige Außenseiter ver
ursachten, daß dieser Wert noch relativ groß ist. Die richtigen antizyklonalen Fälle sind gekennzeichnet
durch noch schwächeren Wind, 2 bis 3 m/sek. oder sogar Windstillen oft bis 3 km hinauf. Außerdem
schließen wir es aus der Wetterlage, die ja mit Ausnahme dreier Fälle antizyklonal war, und aus dem
heiteren Wetter, das besonders am Vortag herrschte. Und dann ist die fast gleichbleibende spezifische
Feuchtigkeit ja dafür bezeichnend, daß kein Luftmassen Wechsel eingetreten ist. Daß sie doch etwas
zunimmt, ist allerdings bedenklich; gewiß mag der ein und der andere Tag dabei sein, wo advektive Vor
gänge nicht ganz aus dem Spiel waren.
Die Höhe, aus der die Luftmassen abgesunken sind, läßt sich aus der Verminderung des vertikalen
Temperaturgradienten bestimmen, und zwar nach der Wegenerschen Formel (s. Lit.-Verz. 13, S. 183).
Danach ist
Hierin bedeutet t 2 der Gradient der abgesunkenen Luftmasse, t, der absinkenden, h 2 die Höhe, aus
der die Luft absinkt, und hj die Höhe, bis zu der die Luft abgesunken ist. Nimmt man an, daß die
Inversion am Haupttag durch Schrumpfen der Luftmassen vom 2. Vortag entstanden ist, also aus einer
Luftmasse mit einem Gradienten von 0.45, und setjt man für den Gradienten am Haupttag vom Boden
bis 500 m —0.75 ein, so bekommt man für h, 1600 m. Für Schrumpfung h a — h, bekommt man dann
1100 m. Da das Bild der Zustandskurven zeigt, daß die Absinkbewegung am 1. Vortag stärker war,
nehmen wir an, daß die Luft vom 2. zum 1. Vortag um 600 m, zum Haupttag um 500 m gesunken ist.
Nimmt man ferner an, daß die Zustandskurve immer adiabatisch aus dem Vortag hervorgegangen ist, so
läßt sich daraus auch die mittlere Absinkhöhe errechnen. Sie beträgt zum 1. Vortag 600 m, zum Haupttag
530 m; die Werte stimmen gut mit den obigen überein. Wir können also sagen, daß die Absinkbewegung
zum Vortag etwa 600 m, zum Haupttag etwa 500 m betrug. Diese Werte stimmen gut mit einer Arbeit
von Thomas über „Temperaturanstiege im Sommer“ überein (s. Lit.-Verz. 9, S. 105); Thomas hat für die
Absinkbewegung zum Haupttag, einem Tag mit einem Temperaturanstieg von über 10° am Vormittag,
580 m gefunden.
6. Der Temperaturanstieg am Boden.
Die durch die dynamische Erwärmung geschaffene, besonders in den Höhen warme Atmosphäre und
die damit verbundene Abnahme des vertikalen Temperaturgradienten schaffen Bedingungen für einen
schnellen Temperaturanstieg am Boden. Wir haben bereits im Kapitel 4 am Anfang festgestellt, daß dies
durch Strahlung und durch Absinkbewegung bis zum Boden stattfinden kann.
a) Strahlung.
Es soll nun zunächst an einem Beispiel gezeigt werden, wie Strahlung bei einer erwärmten Höhe
schnell zu einer hohen Bodentemperatur führt. Wieso ein schwacher Temperaturgradient und Inversion