Dr. Joachim Bliithgen: Die Eisverhältnisse des Bottnischen Meerbusens
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legentlich zum Ausdruck. G. Grariquist (Merentutk. sl. julk. 3) schreibt: „i Bottenvikens norra delar, dar
enligt rapporter frän Marjaniemi havet hittills varit isfritt, begynte den 6. december, med snösörja som grund-
stomme, en isbildning, vilken raskt fortgik, sä att den 9. intet öppet künde skönjas frän fyren.“ Demnach ging
also hier einer raschen Eisbedeckung Schneefall voraus, der den Grundstock zu der Vereisung legte. Weiter im
Süden war dieser Schneefall ausgeblieben, und die Eisbildung hatte demzufolge auch noch nicht eingesetzt.
Eigene Beobachtungen bestätigen das: Am 17. II. 1933 fand um Greifswald starker Schneefall bei Tempe
raturen wenig unter 0° statt. Es herrschte steifer NE, so daß das Wasser auf dem Bodden in den Hafen von
Wieck gedrängt wurde. Am Tage darauf wurde festgestellt, daß sich das Wasser mit einer noch unzusammen
hängenden Eisdecke bedeckt hatte, die, wie eine Untersuchung ergab, aus Schnee hervorgegangen war. Der Vor
gang war folgender: Durch den auflandigen Wind sammelte sich der Schneebrei in der Nähe der Küste an. Der
Schnee nahm Seewasser auf und schmolz gleichzeitig zu einem zähen, kalten Brei, der demnach zum großen Teil
aus Süßwasser besteht. Die Stärke des Schneefalls bedingte, daß der Schnee-Eisbrei bis zu 10 cm Dicke erreichte.
Der Wind verursachte eine Sonderung in Schollen, die sich abrundeten und Tellereis mit aufragenden Rändern
bildeten (vgl. Abb. 4 und 5). Die Temperatur lag am 18. morgens bei —3°, mittags bei —1° und abends wieder
bei —2°. Diese geringfügige Kälte genügte, die durch Schnee abgekühlten Breimengen zusammengefrieren zu
lassen, so daß also im Endergebnis bei —2° in einem Tage eine 10 cm dicke Eisdecke entstand. Das Eis war
uneben und auch verschieden dick, dazu sehr porös und milchig. Dort, wo die Schollen in Wasserrinnen anein
ander grenzten, fand sich eine dünne, durchsichtige Festeisschicht. Die Bilder zeigen den Zustand kurz vor dem
Zusammenfrieren der Masse. Übrigens bildete sieb auch Pfannkucheneis, da sich der Schneebrei mancherorts zu
runden Bällen geformt hatte, die dann wie Pfannkuchen nebeneinander lagen und zusammenfroren.
In dem geschilderten Falle w T ar der Schnee selbst die unmittelbare Ursache zu einer Eisdecke, indem er
die Masse lieferte, und die oberste Wasserschicht abküblte. so daß nur geringer Frost genügte, um alles fest
werden zu lassen. — Ferner kann aber eine Schneedecke auf einer bestehenden Eisdecke zu deren längerer Er
haltung beitragen, indem sie die Wirkung der Strahlung vermindert und die Konvektion in die Tiefe verhindert,
da Schnee ein sehr schlechter Wärmeleiter ist. Namentlich im Frühjahr, wenn die Temperaturen nicht mehr
sehr eiswirksam sind und die Eisschmelze beginnt, wirkt eine Schneedecke unbedingt isolierend. Der Schnee
laut zuerst weg, das Schmelzwasser auf der Eisfläche ist noch erheblich kühl. Erst später wird dann das Eis
selbst wirksam angegriffen. — Zwischen diesen beiden Wirkungen steht noch der vermittelnde Fall, wo sich auf
einer vorhandenen Eisdecke Schnee ansammelt, der tauf und so einen Brei liefert, dann aber bald wieder gefriert
und eine Verstärkung des Eises bedingt, die allerdings nicht allzu groß ist, da der Schnee zwar vereist und an die
Eisdecke anfriert, aber doch sehr porös bleibt und leicht Wasser aufsaugt.
Je nachdem können alle Fälle im Bottnischen Busen Vorkommen und zu einer Verstärkung der Vereisung
führen. Namentlich für die spät vereisenden Teile des Meeres, also die küstenfernsten und salzreichsten, ist die
Zufuhr von Schnee zur Bildung einer Eisdecke wichtig, da dann leichter frierendes Süßwasser vorhanden ist und
auch die geringeren Kältegrade über der offenen See bereits eiswirksam werden können.
Die Eisverhältnisse
a) Die Eisnomenklatur
Über die Begriffe, die bei Besprechung der Eisverhältnisse angewandt werden, haben sich Seilkopf und
Richter (Ann. 1922, S. 252 und Archiv 52) bereits geäußert. Hier ist es jedoch notwendig, die deutsche Nomen
klatur mit der finnischen zu vergleichen, da letztere von unserer abweicht. Ferner muß noch die in der vorliegen
den Arbeit angewandte Methode hinsichtlich der Bezeichnungen erwähnt werden.
Der Schlüssel für die telegraphische Übermittlung von Eisbeobachtungen kennt folgende Bezeichnungen
(nach Tägl. Eisbericht der Deutschen Seewarte): 1. eisfrei, — 2. für Segler erschwert, — 3. für Segler ge
schlossen, — 4. nur für starke Dampfer, — 5. für Dampfer mit Eisverstärkung, — 6. Fahrrinne wird durch Eis
brecher offen gehalten, — 7. Fahrrinne im Eis vorhanden, — 8. Schiffahrt vorläufig geschlossen, — 9. Schiffahrt
hat aufgehört, — 10. Schiffahrtsverhältnisse nicht zu erkennen. Dazu kommt der Schlüssel für die Eisbezeich
nungen selbst: 1. eisfrei, — 2. Eisbrei, — 3. Festeis, — 4. Treibeis, — 5. zusammengeschobenes Eis, — 6. Küsten
rinne, — 7. starkes Festeis, — 8. starkes Treibeis, 9. Packeis, — 10. Eispressungen. Diese Schlüssel gelten
seit 1926/27; in den vorangegangenen Eisberichten war der Schlüssel etwas abweichend (übereinstimmend mit dem
Schlüssel bei Seilkopf 1922).
In den finnischen Veröffentlichungen wird folgende Klassifikation gebraucht: festes Eis, — leichter Eis
brei, — Blaueis, — Treibeis, — zusammengefrorenes Treibeis, — Packeis, — zusammengefrorenes Packeis, —
Packeiswälle in treibendem Eise, — Packeiswälle in festem Eise, — offen, — Eisgrenze. Ferner wird gelegent
lich auch noch ausgeschieden außer den genannten Arten: zusammengefrorenes Breieis und ebenes, festes Eis.
Diese Nomenklatur enthält mehr Begriffe als die deutsche, andererseits fehlen ihr die Abstufungen der Stärke
nach, wie sie bei den deutschen Begriffen vorgenommen werden.