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Dr. Joachim Blüthgen: Die Eisverhältnisse des Bottnischen Meerbusens
Wirkungen zusammen zum Abschluß gebracht wird. Es darf also bei den zuvor angeführten Phasen nicht eine
Gliederung in eine nur mechanische und nur thermische Phase vorgenommen werden, vielmehr wirken während
aller drei Phasen beide Faktoren zusammen ein.
Als Charakteristikum für die Hauptvereisung wurde außer der meist längeren Dauer das Auftreten starken
Festeises oder Packeises im Zusammenhang mit gleichzeitiger Frostperiode festgehalten, so daß bewegliche Eis
massen, die großenteils unabhängig von der Temperatur auftreten, zur Festlegung einer Hauptvereisung nicht
herangezogen werden können. In Wintern mit mehreren kurzen Eisperioden ist es sowieso manchmal schwierig,
eine Hauptvereisung festzulegen, wenn zwei gleichlange und gleichinlensive Perioden auftreten. Auch die zeitliche
Lage ist nicht allein ausschlaggebend, da bisweilen erst der März eine solche Hauptperiode zeigt.
Zum Schluß seien noch einige hydrographische und klimatische Begriffe definiert: Unter „Eisreife“ ver
steht man den Zustand des Wassers, der erreicht wird, wenn die Abkühlung des Wassers über das Stadium größter
Dichte an der Oberfläche hinaus vorgeschritten ist; das Stadium größter Dichte wird wiederum als Stadium der
Homogenisierung, d. h. der Temperaturgleichheit in allen Schichten bezeichnet.
Bei der Temperatur wird unterschieden zwischen vorläufigen und eiswirksamen Frostperioden; als eiswirk
same Frostperiode wird zu Beginn des Winters diejenige Frostperiode bezeichnet, während der die Eisbildung
einsetzt (die Abkühlung des Wassers also Bis zur Eisreife vorgeschritten ist). Im Frühjahr kann man dann analog
von einer letzten eiswirksamen Frostperiode sprechen.
b) Die Eisverhältnisse
1. Die Eisverhältnisse von Stockholm (Fahrwasser nach Sandhamn und Landsort).
Der Einsatz der Vereisung erfolgt spät; durchschnittlich verstreichen erst drei Frostperioden, ehe Eis
bildung einsetzt. In einigen Jahren erfolgte die Vereisung sehr spät. 1924/25 waren allerdings lange Wärme
Zeiten bis in den Februar schuld daran, daß erst Ende Januar Eis auftrat, es handelte sich hier um die dritte nicht
sehr lange Frostperiode des Winters. Auffallender ist die Verspätung im Jahre 1929/30. Die erste Frostperiode
trat bereits um den 20. November auf, eine zweite und dritte folgte Mitte und Ende Dezember, Mitte Januar kam
eine vierte von etwa einer Woche Dauer, auch diese war unwirksam in bezug auf Eisbildung. Ende Januar setzte
von neuem Frost ein, und erst am 10. Februar wird das leichte Festeis gemeldet, das bei einem folgenden Wärme
vorstoß am 12. Februar jedoch nach 5tägigem Bestehen wieder verschwand. Es kam dann bald wieder Frost
wetter, und am 18. Februar setzte erneut Eisbildung ein. die dann zu der nur 17 Tage währenden, überaus leichten
Hauptvereisung dieses Winters führte. Ausschlaggebend für den späten Eisbeginn dürfte neben den wenig inten
siven Frostperioden vor allen Dingen der vorangegangene Sommer sein, der dem Wasser eine recht große Wärme
menge gegeben haben muß. Daß kurze und wenig kalte Frostzeiten auch an sich sehr wohl eine Eisbildung in
diesen Gewässern ermöglichen können, zeigt der Einsatz der Vereisung im Winter 1922/23, wo bereits die zweite
Frostzeit von nur einer Woche Dauer und Temperaturen zwischen 0° und —10° zur Vereisung führte. Allerdings
brachte ein intensiver Warmluftvorstoß Ende Dezember wieder die Eisdecke zum Verschwinden. Die Erwärmung
muß recht wirksam gewesen sein, denn eine kurze Frostperiode Mitte Januar bedingte trotz der dezemberlichen
Vereisung noch keine neue Eisbildung, diese setzte erst 5 Tage, nachdem am 25. Januar wieder Frost eintrat, mit
leichtem Festeis ein, um dann anzudauem.
Frühe strenge Frostperioden begünstigen selbstverständlich eine frühzeitige Vereisung, so z. B. im Winter
1923/24, wo nach einer ergebnislosen Frostzeit unter 0° bis —10° (Ende November), die von einer 17tägigen
Warmluftwelle abgelöst wurde, am 20. Dezember strenger Frost unter —10° einsetzt und bis Anfang Januar be
stehen bleibt. Dieser Kaltluftvorstoß hatte zur Folge, daß bereits 2 Tage nach Frostbeginn sich starkes Festeis
bildete und mit geringfügigen lokalen Veränderungen blieb. — Ähnlich wie der zuerst erwähnte Winter 1929/30
verlief auch der Winter 1924/25. Der Einsatz erfolgte erst spät, hier jedoch begünstigt in der Hauptsache durch
lange Warmluftperioden bis in den Januar, der erste Frost kam überhaupt erst im Dezember und verschwand
rasch, die zweite Kältewelle von ebenfalls kurzer Dauer kam erst vom 7.—11. Januar. Ende Januar genügte eine
leichte Stägige Frostperiode, um Neueis zu bilden, das aber so leicht war, daß es von einer einsetzenden Erwärmung
bald aufgezehrt wurde. Dieser Wechsel wiederholte sich in jenem Winter noch zweimal Ende Februar und Mitte
März, nur daß hier jeweils die Frostperioden länger waren und dementsprechend längere Eisbedeckung hervor
riefen. — Der Winter 1930/31 zeigt ebenfalls einen späten Beginn der Vereisung, der nicht ohne Zuhilfenahme
einer hohen Sommerwärme erklärt werden kann. Hier trat erst um den 20. Januar, als die Temperatur ganz vor
übergehend unter —10° sank, Eis auf, das sich dann hielt. Voraufgegangen waren mehrere Frostperioden, so von
Mitte Dezember fast ununterbrochen bis zum Einsatz der Vereisung.
In keinem Falle führte die erste Frostperiode, für welche als Durchschnitt die Zeit um den 10. November
angenommen werden kann, zur Eisbildung. Erst die Frostzeiten, die Ende Dezember einzutreten pflegen, führen
zur Vereisung, die dann auch erst durchschnittlich 11 Tage nach Frostbeginn einsetzt. In die Mitte des Januar
fällt dann die Zeit des ersten wahrscheinlichen Auftretens von strengen Frostperioden, jedoch zeigt das Auftreten
dieser Frostzeiten keine Konstanz und die Mittelbildung besagt wenig; gelegentlich weisen die Winter überhaupt
keine tiefen Frosttemperaturen auf oder nur ein- bis zweitägige durch Ausstrahlung bedingte Minima. Aus der
Durchschnittsbildung ergabt sich ein mittleres Eintreten der Vereisung für den 2. Januar, also erheblich von der
Zeit der ersten mittleren Frostperiode (Beginn 11. November) entfernt.