Vorwort und Einleitung
Es gehört zu den Aufgaben der Deutschen Seewarte, die über Nauen, Königswusterhausen und die
norddeutschen Rundfunksender ausgestrahlten deutschen Funkzeitzeichen nach astronomischen Zeit
bestimmungen auszulösen. Diese Aufgabe schließt die Verpflichtung ein, auch die Fragen der Längen
vermessung durch Beobachtung drahtloser Zeitzeichen zu fördern. Die Teilnahme an der ..Zweiten
Internationalen Längenvermessung rund um die Erde herum“ wurde daher schon frühzeitig aufgegriffen
und vorbereitet. Wie die zu erwartenden sehr umfangreichen Aufgaben, die den Rahmen der dienstlichen
Arbeiten der Seewarte weit überschritten, durchzuführen sein würden, war allerdings zunächst ein Rätsel.
Zwei glückliche Umstände trugen zum Gelingen bei:
1. Die Bewilligung eines Forschungs-Stipendiums durch die Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft
für Dr. Erich Lange aus Leipzig, der vom 1. März 1932 bis Ende 1933 in dieser Eigenschaft bis
zu seiner Anstellung bei der Deutschen Seewarte hier tätig war, und
2. die freiwillige Teilnahme stellenloser Ingenieure an zusätzlichen Arbeiten der Deutschen Seewarte.
Unter den „Problemen des astronomischen Zeitdienstes“, mit denen Herr Di-. Lange als Stipendiat
der Notgemeinschaft betraut wurde, nahm die Teilnahme an der zweiten im Oktober und November
durchzuführenden internationalen Längenvermessung 1933 den größten Raum ein. Herr Dr. Lange führte
die Vorbereitung der Aufgaben sowohl nach der methodischen wie nach der instrumenteilen Seite durch.
Die instrumenteile Vorbereitung bestand einerseits in Prüfungen und Fehlerbestimmungen des Durchgangs
instrumentes der Seewarte, andererseits in Erprobungen eines von der Kieler Sternwarte freundlichst zur
Verfügung gestellten Prismenastrolabs nach Claude und Drieneourt. Es war ursprünglich beabsichtigt
gewesen, Vorschlägen des Bureau de l’Heure folgend durch Parallelbeobachtungen mit diesem Instrument
die systematischen Fehler der Meridianbeobachtung einer Kontrolle zu unterwerfen. Leider mußte bald
die Erkenntnis gewonnen werden, daß Beobachtungen mit diesem Instrument nur bedingten Wert haben.
Zunächst beeinträchtigte die Ungunst des Klimas wegen der erforderlichen langen Beobachtungszeiten die
Benutzung des Instrumentes. Vor allem aber fehlte es an der Möglichkeit einer systematischen Kontrolle
der Beobachtungsfehler. Erst die Kenntnis dieser Fehler, vor allem der persönlichen Gleichung des
Beobachters, hätte aber wirklich die Möglichkeit einer gleichwertigen Prüfung der Durchgangsbeobachtungen
gewährt. Ohne sie hätten die Beobachtungen mit dem Prismenastrolab einem Vergleich mit den Zeit
bestimmungen am Durchgangsinstrument nicht standgehalten. Es schien deshalb richtiger darauf zu
verzichten und die vorhandenen Kräfte nicht unnötig zu zersplittern.
Herrn Dr. Lange ist an den Beobachtungen, den Auswertungen des umfangreichen Beobachtungs
materials und der im folgenden vorgelegten endgültigen Bearbeitung in dem weiter unten angegebenen
Umfange beteiligt. Der Notgemeinschaft bin ich daher an dem Gelingen des schwierigen Werkes der
Beobachtungen und ihrer Herausgabe an erster Stelle zu Dank verpflichtet. Ohne sie wäre es unmöglich
gewesen, eine Teilnahme an der Längenvermessung in diesem Umfange durchzuführen; sie hätte sich
andernfalls nur auf ein geringes Maß beschränken können.
Die Möglichkeiten der Beschäftigung stellenloser Ingenieure ergab sich infolge des im Jahre 1931
auf Anregung des Vereins Deutscher Ingenieure ins Leben gerufenen „Ingenieurdienstes“, der später
von der „Wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge“ finanziell unterstützt wurde. Dieser „Ingenieurdienst“ ist