Haarnagel: Eine landschaftskundliche Untersuchung des Elbufers zwischen Glückstadt und Kollmar 31
1. Oberflächenformen.
Die ganze Sandbank ist von Rippein bedeckt. Es handelt sich hier um Strömungsrippein und See-
gangsrippeln. Die Strömungsrippein steigen auf der Luvseite langsam an und fallen auf der Leeseite steil
ab. Die Seegangsrippein dagegen haben auf beiden Seiten eine gleiche Böschung ausgebildet.
Außerdem sind auf der Hökerseite deutlich Strombänke ausgebildet. Sie haben eine ähnliche Form wie
die Strömungsrippein, sind aber bedeutend größer als diese. Sie steigen auf der Luvseite langsam an und
fallen auf der Leeseite steil ab. Ihre Luvseite ist dem Flutstrom, die steilere Leeseite dem Ebbstrom ent
gegen gerichtet. Auf die Strombänke soll später noch einmal eingegangen werden. (Siehe Bild 31.)
2. Die Uferströmungsbank in den verschiedenen Jahreszeiten.
An den ersten Frosttagen ist die Sandbank von Kammeis bedeckt. Dieses besteht aus Eisprismen, die
in einer eigentümlichen Anordnung übereinandergewachsen sind. Wenn die Sonne scheint, glitzern sie in
allen Farben. (Siehe Bild 32.)
Die Bildung des Kammeises habe ich vom
Boot aus beobachten können. Wenn das Wasser
1 / 2 m über der Bank steht, kann man bei klarem,
sonnigem Wetter diese deutlich unter dem
Wasser erkennen. Man sieht auf dem Sande der
Bank lauter kleine, schwarze Punkte. Diese
wachsen mit der Zeit; sie werden höher und
breiter. Wenn das Wasser bis auf 10—20 cm ge
fallen ist, kann man schon die Kammeisprismen
erkennen. Diese sind aber von einer dunklen
Schlammschicht überzogen, und haben daher
die dunkle Farbe. Bei Niedrigwasser steht das
Kammeis frei. Die Schlammschicht rutscht von
den glatten Prismen ab, und das Kammeis be
steht nun aus lauter durchsichtigen Eisplatten.
N ach mehreren T agen Frost wird das Kamm
eis so dicht, daß es eine einheitliche weiße Decke
über der Sandbank bildet. Diese hindert den Strom daran, den Sand der Bank aufzuwerfen. Man kann jetzt
beobachten, daß dort, wo die Strombänke ausgebildet sind, es zu keiner direkten Ausbildung von Kammeis
kommt. Die Strombänke werden aber flacher, bis sie schließlich ganz verschwunden sind. (Siehe Bild 33.)
Auch die Uferströmungsbank wird flacher.
Man kann bald keine Wasserscheide mehr fest
stellen. An den freien Stellen ist Schlick abge
lagert worden. Wenn das Eistreiben eingesetzt
hat, finden wir auf der Uferströmungsbank
große Eisblöcke verstreut umherliegen. Diese
haben zuweilen eine Höhe von 2 m. Die Sand
bank erhält dann einen ganz anderen Charakter.
Die Eisdecke der Bank wird von den Eisblöcken
zerstückelt und hinweggerissen. Die Bank erhält
jetzt eine vollkommen flache Form. Sie ist von
einer dicken Schlickschicht überzogen. Diese
kann eine Mächtigkeit von 30 cm erreichen.
Zwischen den Eisblöcken findet man außerdem
noch große Erd- und Dargschollen, die vom
Ufer abgerissen worden sind.
Im Frühjahr, wenn das Eis verschwunden
ist, nimmt die Sandbank allmählich ihre alte
Form wieder an. Es dauert aber bis Anfang Juli, ehe sie diese erreicht hat. Zuerst wird nach dem Verschwin
den des Eises der größte Teil des Schlicks hinweggeführt. Ein Teil aber bleibt liegen und übersandet.
Wer in dem Glauben, auf festem Sand zu gehen, jetzt die Bank betritt, wird sehr enttäuscht, denn er
sinkt durch die dünne Sanddecke bis an die Knöchel in den Schlick. Um diese Zeit sind auf der Bank nur