28
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 53. Band Nr. 6
Die durch den Abbruch freigelegte Schilfmoorschicht wird derjenigen entsprechen, die nach Schütte
der dritten Hebung angehört und von 1000 v. Chr. bis um Chr. Geburt gedauert hat. Später geriet
die Schilfmoorschicht durch die einsetzende Senkung allmählich wieder unter Mittelhochwasser und wurde
überschlickt. Das Absinken der Moorschicht unter den Mittelhochwasserspiegel war hier aber nicht so
stark wie in der Oldenburger Marsch. Die Schilfmoorschicht liegt hier zwischen —0,50 und —0,70 m N. N.
Dies läßt vermuten, daß die Senkung in unserem Gebiet geringer ist, als in der Oldenburger Marsch.
Genaue Angaben über die Größe der Senkung können noch nicht gemacht werden, da noch zu wenig
Vergleichszahlen vorhanden sind.
Um Irrtümer zu vermeiden, soll am Schluß dieses Abschnitts noch darauf hingewiesen werden, daß
die in der Senkungszeit entstandenen Schilfmoore nicht immer einem Geschwemme ihre Entstehung zu
verdanken haben. In der Süßwassermarsch kann sich zu jeder Zeit ein Schilfmoor bilden. Das Schilfgebiet
muß aber geschützt oder weit aus dem Strömungsbereich der Flüsse liegen, damit die im Herbst umbrechen
den Halme nicht von der Strömung hinweggeführt werden können. Es braucht daher in unserm Gebiet nicht
jedes Schilfmoor eine Dargbildung oder ein Hebungsmoor zu sein.
c) Das geschützte Vorlandwatt.
Das geschützte Vorlandwatt (siehe Skizze 5) ist im Norden vom Abbruchswatt, im Westen von der
mittleren Niedrigwasserlinie, im Süden von den Kollmarer Hafenanlagen und im Osten von dem geschützten
Vorland begrenzt.
Es unterscheidet sich vollkommen von den beiden bereits besprochenen Wattarten. Während diese
durch Natureinflüsse ihren Charakter erhielten, hat jenes ihn durch die künstlichen Anlagen der Menschen
erhalten. Es ist früher einmal ein natürliches Abbruchswatt gewesen. Heute ist davon kaum noch etwas zu
erkennen. Zuerst will ich wie beim Abbruchsvorlandwatt das Ufer näher betrachten.
1. Das Ufer.
Dieses ist bis auf einige Stellen mit Steinen belegt. Es bildet eine Böschung, so daß die Brandungs
wellen nicht wie beim Abbruchsufer mit ihrer ganzen Kraft angreifen können, sondern abgelenkt werden
und die Böschung hinaufrollen. Ihnen wird dadurch die zerstörende Kraft genommen. Die Anlage eines
solchen Ufers geschieht folgendermaßen. Das Abbruchufer wird schräg abgestochen. In den Boden der ent
standenen Böschung werden Pfähle eingeschlagen und die Böschung mit Weidenbusch bedeckt. Dieser
wird mit Draht an den Pfählen befestigt. Darüber kommt eine Lage Steinschutt und dann eine Decke
von Kopfsteinen. (Siehe Skizze 5). Der Busch hat die Aufgabe, das Angreifen und Wegschwemmen des
Böschungsbodens zu verhindern. Dieses kann leicht geschehen durch das Wasser, das durch die Steinfugen
bis zum Uferboden vordringt. Das Wegschwemmen des Böschungsbodens würde ein Zusammenfallen des
Steinufers zur Folge haben.
An einigen Stellen, wie ich bereits weiter oben erwähnt habe, fehlt der Steinbelag. Hier finden wir noch
ein typisches Rethabbruchsufer, so wie es im vorherigen Kapitel geschildert wurde.
a') Das Ufer in den verschiedenen Jahreszeiten.
Das Steinufer ist im Sommer oberhalb der mittleren Hochwassergrenze von allen möglichen Pflanzen
bewachsen. Diese haben sich zwischen den Rillen der Steindecke angesiedelt. Am Saum des Rethabbruchs-
ufers erhebt sich niedriges Reth. Am Steinufer rollt die Brandung hinauf und fließt wieder ab, ohne Schaden
anzurichten. Nur bei Sturmfluten rollen die Wellen über das Steinufer hinaus und unterwühlen dabei den
Vorlandboden unmittelbar hinter den Steinen. Es entstehen tiefe Löcher. Wenn diese nicht wieder zuge
füllt werden, kippen die oberen Steine der Böschung nach hinten, rollen in die Löcher, und in der Steindecke
ist eine Lücke entstanden. Wenn jetzt nicht sofort der Schaden wieder ausgebessert wird, fällt die Stein
decke bald vollkommen in sich zusammen, und die Brandungswellen können nach Herzenslust ihre jetzt
wirkungsvolle Zerstörungsarbeit fortsetzen.
Im Winter ist das Ufer zuerst von einer glatten Eisschicht überzogen. Diese reicht bis zur mittleren
Hoch Wasserlinie. Beim Einsetzen des Eistreibens schieben sich die Eisschollen über die glatte Eisschicht
empor. Sie werden bei Hochwassern auch in das Vorland gedrängt. Hier können sie bei starken Stürmen
großen Schaden anrichten. Bei Niedrigwasser rutschen die Eisschollen wieder vom Steinufer hinunter und
bilden vor diesem eine hohe Aufschüttungsmasse. Das Rethabbruchsufer erleidet einen starken Abbruch.