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Ans dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 53. Bd. Nr. 5
einmünden, besteht zwischen den Wasserständen an zwei Pegeln desselben Flusses eine eindeutige Be
ziehung. Der Einfluß hp im Tidegebiet kann daher durch den Wert Iif des Oberwassers ersetzt werden.
In manchen Fällen ist es praktischer, statt des Standes die Abflußmenge des Oberwassers einzuführen.
Man wird diejenige Veränderliche wählen, deren Einfluß sich am genauesten durch eine Gerade wieder
geben läßt. Im Zweifelsfalle ist es einfacher, den Wasserstand zu wählen, da dieser unmittelbar gemessen
wird, während die Wassermenge erst mit Hilfe der Bezugslinie des Pegels gesucht werden muß.
Über den Einfluß des Oberwassers auf die Tidebewegung der Elbe liegt eine ausführliche Arbeit
von E. Schmidt vor, auf die bezügl. weiterer Einzelheiten verwiesen werden kann 13 ). Auf Grund der Er
gebnisse dieser Untersuchung wurde der gleiche Beobachtungsort Artlenburg für das Oberwasser gewählt.
Der Ort Artlenburg liegt etwa 50 Strom-km oberhalb Hamburgs und wird nur von außergewöhnlich
hohen Tiden erreicht. Die Zuflüsse auf der Zwischenstrecke sind so gering, daß sie vernachlässigt werden
können. Der Pegelstand wird täglich um 12 Uhr abgelesen.
Ferner geht aus Tafel 4 Fig. 2 der Veröffentlichung von Schmidt hervor, daß die Beziehungen zwischen
dem Wasserstand in Artlenburg und St. Pauli bei H. W. fast ganz und bei N. W. mit großer Annäherung
geradlinig sind 14 ). Von der Einführung der Oberwassermenge kann daher abgesehen werden.
B. Wind und Luftdruck.
1. Wirkung des Windes.
In der Gleichung 5 a) war die Wirkung des Luftdruckes mit p und die des Windes mit f {w, ö, l)
bezeichnet. Es bleibt noch die Funktion f zu bestimmen. Die Wirkung des Windes war in der Funktion
f als Abhängige der Windrichtung, Windstärke und der Streichlänge eingeführt, ferner war im Abschnitt II
gezeigt worden, daß die Wirkung des Windes über Flußläufen im Verhältnis zur Wirkung auf Meere
gering ist, da hier selten eine genügende Streichlänge zur Verfügung stellt. Die Funktion f bildete da
her mit p zusammen den Anteil des Meeres an der Staubewegung des Tideflusses, so daß es folgerichtig
ist, vorwiegend den Einfluß des Windes über dem Meere, in das der Tidefluß mündet, zu beobachten.
Der örtliche Wind ist von untergeordneter Bedeutung. Diese Hegel kann dahin erweitert werden, daß sie
nicht nur für Orte an Tideflüssen gilt, sondern häufig auch für Punkte der offenen Küste. Maßgebend
sind die geographischen Verhältnisse. So hat Doodson ausführlich den Einfluß verschiedener örtlicher
und nichtörtlicher Wetterlagen auf die Wasserstände von Liverpool und London untersucht 15 ). Es konnte
eine beträchtliche Einwirkung der nichtörtlichen Wetterlagen festgestellt werden.
Für die deutsche Nordseeküste liegen die geographischen Verhältnisse einfach, da hier nur die Winde
der Nordsee, und zwar vor allem der südlichen Nordsee in Beziehung zu den Wasserständen treten. Da
es sich bei der Bildung des Windstaues um die Einwirkung des Windes auf eine Wasserfläche handelt,
hängt der Grad dieser Wirkung nicht so sehr von dem Wind an einzelnen Punkten dieser Fläche wie
von dem mittleren Wind über der Fläche ab. Man wird daher versuchen, zunächst für die Bestimmung
dieses maßgebenden Windes einen Ausdruck zu finden.
2. Das Vektorverfahren.
Vielfach hat man sich, besonders in der älteren Literatur, damit begnügt, den an einem bestimmten
Orte entweder durch einen eigens zu diesem Zwecke aufgestellten Windmesser gemessenen oder aus der
Wetterkarte entnommenen Wind nach Größe (Geschwindigkeit) und Richtung einzusetzen. Da hierbei
vorausgesetzt werden kann, daß nur eine bestimmte Komponente der Windrichtung auf die Veränderung
des Wasserstandes einwirkt, so läßt sich die Wirkung des Windes folgendermaßen ableiten (Fig. 7b).
Die wirksame Windkomponente ist:
I3 ) Schmidt, Verz. Nr. 46.
u ) Vgl. auch Tabelle 9. S. 49, die diese Angaben bestätigt.
15 ) Doodson, Verz. Nr. 14 und 15. Von diesen Orten liegt allerdings nur Liverpool nabe der offenen Küste,