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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 53«Bd, Ifo.4
deres Verfahren schwer möglich. Voraussetzung dazu sind dichte Be obachtungsfolgen.
Beobachtungen in vierstündigem Abstand sind für ein solches Verfahren ungeeignet.
Das Verfahren der harmonischen Analyse, wie sie auch für die Berechnung
der Gezeiten angewandt wird (I, II, V, VII), vermeidet die oben erwähnten Mängel
der anderen Verfahren, birgt nur den einen Nachteil in sich, daß es zeitraubend
ist. Will man jedoch zu Ergebnissen kommen, die einerseits den Reststrom voll
ständig vom Einfluß der Gezeitenströme befreien, andererseits auch die Gezeiten —
ströme selbst zur Darstellung bringen, so müssen die Beobachtungswerte harmonisch
analysiert werden.
Da sich die folgende Arbeit als eine ihrer Hauptaufgaben die Untersuchung
der Abhängigkeit des Stroms vom Wind gestellt hat, so ist besonders noch die Fra
ge wichtig, wie solche Untersuchungen in den bisherigen Arbeiten durchgeführt wur
den. Nur phaff (i) und Heidt (VI) gehen der Frage nach dem Einfluß des Windes auf
die Gestalt der Gezeitenstromkurve nach. Sie berechnen die Gezeitenströme für sol
che Tage, bei welchen der Wind sturmartig gleichmäßig aus einer Richtung wehte.
Ein solches Verfahren ist nur möglich, wenn während der Beobachtungsperiode hin
länglich viel solcher über mindestens 12 Stunden anhaltender Wetterlagen mit star
ken Winden vorhanden sind und die Beobachtungswerte so dicht liegen (nicht nur
vierstündlich'.!' ), daß die Auswertung einer geringen Anzahl von Perioden schon
brauchbare Ergebnisse liefert. Marmer (VIl) wendet zur Ermittlung des durch den
Wind erzeugten Stroms das Verfahren der einfachen Mittelbildung an. Er ordnet die
Beobachtungen in Gruppen nach den Richtungen und der Stärke des gleichzeitig herr
schenden Windes ohne Rücksicht auf die Phase des in dem Stromwert enthaltenen Ge
zeitenstroms und mittelt dann die Werte jeder Gruppe. Von den erhaltenen Mittel
werten bringt er den mittleren Gezeitenstrom in Abzug und betrachtet den Rest als
den durch den Wind der betreffenden Richtung und Stärke erzeugten Strom.Als Haupt
mangel dieser Methode gibt Marmer (a.a.O. S.73) selbst an, daß die Ausscheidung
des Windeinflusses von den übrigen unperiodischen Strömen, besonders wenn nur we
nige Beobachtungen in einer Gruppe vorhanden sind, sehr unvollkommen ist, und das
Verfahren nur angewandt wurde, um größere Rechenarbeit zu vermeiden. In der Tat
müssen einigermaßen starke Gezeitenströme, die in der Deutschen Bucht das 4* und
5fache der Windströme erreichen, bei diesem Verfahren die Ergebnisse erheblich be
einflussen, da nicht erwartet werden kann, daß die Gezeitenströme bei willkürlich
zusammengestellten Gruppen von Stromangaben sich gegenseitig auf heben. Es ist fer
ner auch nicht zulässig, den mittleren Reststrom als Strom bei Windstille anzuse
hen. Vielmehr ist zu berücksichtigen, daß in den beobachteten Stromwerten auch
der Einfluß des vorhergehenden Windes und im mittleren Reststrom der der mittleren
Windlage steckt. Das hat zur Folge, daß man zur Berechnung des Windstroms nicht
den mittleren Reststrom, sondern einen erst zu berechnenden ’’Strom bei Windstille’,’
der für die verschiedenen Windstärken s-gar verschiedene Werte annehmen kann (s.
U.S.51 ),in Abzug bringen muß. Schumacher (V), der allerdings nur eine kurzfri
stige Beobachtungsreihe auswertet, setzt nicht den gesamten beobachteten Strom zum
Wind in Beziehung, sondern zieht von den Beobachtungswerten B erst den berechne
ten Gezeitenstrom R ab. Die Unterschiede $J-R) sind dann der tatsächlich jeweils
vorhandene Reststrom, der sich zum Wind in Beziehung bringen läßt. Um die sehr
zeitraubende Arbeit der Berechnung der (B - R) für IO000 Beobachtungen zu vermeiden,
wurden in der vorliegenden Arbeit die Beobachtungsangaben selbst, nicht die (B - R)
nach den Richtungen des gleichzeitig wehenden Windes geordnet und die Gezeiten —
ströme daraus durch harmonische Analyse ausgeschieden (s.u.S.8 ).