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H. Markgraf und E. D obers: Sehulmäßige Auswertung und Bearbeitung einer Wetterkarte.
III. Wo finden wir am 3. Januar 1930 am Erdboden warme Luft? (Vgl. Tafel 5.)
Überträgt man die Temperaturen der Luft, soweit die verschiedenen Stationen sie zur angegebenen Zeit
gemeldet haben, in ein leeres Kartenblatt, so hebt sich aus dem zunächst regellos scheinenden Vielerlei
der Zahlen doch eines heraus: Ein breiter Block warmer Luft (9°—11°) überdeckt die Biscaya, England
und das westliche Frankreich. (Zur Verdeutlichung sind auf Tafel 5 die Isothermen von Grad zu Grad
gezogen.) Diese warme Luft grenzt im Nord westen, Norden, Osten und Südosten an kältere Luftmassen
(4°—8°). Besonders deutlich ist diese Grenze nördlich von Spanien, zwischen England und Schottland
wie auch am Nordostausgange des Ärmelkanals ausgeprägt. Über der Nordsee .kann sie angesichts des
Mangels an Schiffsmeldungen nur geschätzt werden.
Ist auf diese Weise die Abgrenzung der Warmluft innerhalb der Kaltluftmassen gefunden, so erhebt
sich weiter die Frage nach dem Verbleib der warmen Luft. Selten nämlich liegt die Luft auf der Erdober
fläche unbewegt; fast stets ist sie „im Fließen“, „im Strömen“, eine Erscheinung, die als „Wind“ ganz
bekannt ist.
IV. Wie fließen am 3. Januar 1930 die Kalt- und Warmluftmassen? (Vgl. Tafel 3 und 6,
in der schon die endgültig festgelegte Begrenzung des Warmluftkörpers angedeutet ist, welche aber keines
wegs mit einer Isotherme vollkommen zusammenfällt! Der Begrenzung am nächsten kommt die 9°-Isotherme,
die Abweichungen haben verschiedene Ursachen.)
Die warme Luft stammt (vgl. Windpfeile!) aus den Subtropen, fließt von den Azoren her in nordöst
licher Richtung und stößt über England und Teile von Frankreich hinweg bis in den Bereich der Nord
see vor. Über Mittel- und Ostfrankreich und über Nordwestdeutschland strömt in mehr nördlicher Rich
tung kältere Luft, deren Ursprungsgebiet nicht mehr zu erkennen ist. Sie hat jedenfalls aber auch in den
letzten Stunden, beim Uberströmen Südfrankreichs und des Alpenvorlandes, keine Wärme mehr aufnehmen
können, im Gegenteil durch nächtliche Ausstrahlung Wärme verloren. So erklärt sich der merkliche
Temperaturunterschied gegenüber der unmittelbar aus den Subtropen heraufkommenden Warmluft. Ein
anderer Kaltluftstrom fließt ziemlich genau westöstlich nach Irland und Schottland. Er stammt aus der
Gegend von Grönland, wird also von kalter Polarluft gespeist, welche sich über dem wärmeren Meeres
wasser (vgl. die Schiffsbeobachtungen: V« und '/u, d. h. 4° Lufttemperatur über 8° Wassertemperatur und
9° Lufttemperatur über 11° Wassertemperatur) etwas erwärmt.
V. Was geschieht an den Grenzen von Kalt- und Warmluft?
(Die beiderseitige Begrenzung der subtropischen Warmluft läßt sich aus Temperaturverteilung und
Strömungen allein nicht genau genug festlegen. Andere Elemente, vor allem auch die vorhergegangene
Entwicklung, müssen zur Bestimmung mit herangezogen werden. Die Grenzen auf Tafel 3 und Tafel 6 sind
unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte gezeichnet.)
Betrachten wir zunächst die Ostgrenze der Warmluft (Tafel 3): Obwohl die Warmluft im allge
meinen stärker strömt (Windfahnen beachten!), als die vorgelagerte Kaltluft und in einem Winkel auf
diese stößt (vgl. Windpfeile Aachen — Brüssel, Nordhorn — de Bilt — Nordhinder Fsch. — Croydon,
Borkum — Helder — Yarmouth — Cranwell), ist von einer Vermischung der beiden Luftmassen nichts zu
erkennen. Vielmehr bricht der Warmluftstrom über Holland und der Nordsee unvermittelt ab. Während
die englische Ostküste 10° Lufttemperatur meldet, hat Borkum nur 5° Lufttemperatur. Das sind 5° Unter
schied auf etwa 300 km Entfernung, wohingegen gleichzeitig zwischen Borkum und dem Gebiet der west
lichen Ostsee (ebenfalls 300 km Entfernung) nur ein Unterschied von 0—1° besteht. Wo bleibt die warme
Luft? Warme Luft ist leichter als kalte. Wo also, wie in unserem Falle, ein stärkerer Warmluftstrom auf
vorgelagerte Kaltluft trifft, wird er gezwungen, an dieser schwereren Kaltluft wie an einem sehr sanft
geneigten Berghang hinaufzuströmen, „aufzugleiten“. Dieses „Aufgleiten“, der warmen Luft erfolgt am
3. Januar 1930 längs einer Fläche, die den Erdboden in einer gekrümmten Linie schneidet, welche von der